Es kommt selten vor, aber ich muss mich bei einem Auto persönlich entschuldigen. Entschuldigen für 25 Jahre lachen und spotten. Eigentlich sogar für 28 Jahre. Denn bevor der Audi A2 zu den Händlern rollte, debütierte er als Studie Al2 auf der IAA in Frankfurt im Jahr 1997 – die erste große Autoausstellung, die ich besuchen durfte. Im Kreise von exotischen Supersportwagen aus der damals noch recht neuen GT1-Kategorie, zahlreichen Formel-1-Rennwagen und durchaus interessanten Neuheiten wie dem BMW Z3 Coupé oder dem allerersten Smart wirkte der Al2 ungefähr so angemessen wie ein Pyjama in der Oper. Die Optik erinnerte zwar irgendwie an die TT Studie, die zwei Jahre eher debütierte, aber das Ganze dann auf einem Kompaktfahrzeug aus Ingolstadt? Auch als wenige Wochen später in Tokio eine dreitürige Variante mit Stoffverdeck debütierte, wurde das Gefühl nicht besser. Intern gab es zudem noch ein drittes, früher gebautes Fahrzeug mit drei Türen und festem Dach. Irgendwie passte nicht zusammen, was heute, ein Vierteljahrhundert später, problemlos zusammengehört.
Nur wenige Experten hätten von Audi ein van-ähnliches Modell erwartet. Tatsächlich sollte aus dem Al2 relativ schnell ein Serienfahrzeug werden, von dem auch eine Variante mit möglichst geringem Kraftstoffverbrauch abgeleitet werden sollte. Dieses Entwicklungsziel eines Drei-Liter-Autos gab es bei Audi und im gesamten Volkswagen-Konzerns bereits seit Anfang der 1990er Jahre. Im Mai 1995 konnte intern das Grundgerüst, ein Aluminium Space Frame (ASF) mit Spitznamen ‚Ringo‘ erstmals begutachtet werden. Anschließend übernahm der belgische Designer Luc Donckerwolke die Gestaltung des Exterieurs, während Stefan Sielaff für das Interieur verantwortlich zeichnete.

Der Audi-Vorstand wertete die Publikumsreaktionen auf die beiden Al2-Studien aus Frankfurt und Tokio aus und gab schließlich im November 1997 grünes Licht für eine Serienfertigung. Um den späteren Audi A2 mit einem möglichst geringen Luftwiderstand zu versehen, verbrachten die Audi-Ingenieure zahllose Stunden im Windkanal. Schnell steht dabei der Entschluss fest, ausschließlich eine fünftürige Karosserie anzubieten. Trotz eines ambitionierten Zeitplans seitens der Markenleitung konnten alle beteiligten Kräfte ihre Anteile an der Serienentwicklung des A2 rechtzeitig umsetzen, sodass das Auto auf der IAA 1999 in serienreifer Version erneut zu sehen war. Es blieb sowohl beim ASF als Basisgerüst, als auch bei Karosserieteilen aus Aluminium, um das Gewicht gering zu halten. Die komplette Rohkarosserie inklusive Türen und Heckklappe brachte lediglich 153 Kilogramm auf die Waage. Zum geringen Gewicht kamen kompakte Abmessungen von 3,83 Metern Länge, 1,67 Metern Breite und 1,55 Metern Höhe.
Die Produktion lief am 15. November 1999 auf neu eingerichteten Fertigungslinien in Neckarsulm an, wobei erste Fahrzeuge erst nach dem Jahreswechsel zu den Händlern rollten. Zeitgleich zum Produktionsstart zeigte Audi auch den A2 1.2 TDI als weltweit erstes viertüriges Drei-Liter-Auto. Daneben gab es zwei weitere Diesel- und zwei Benzinmotoren für den A2 zur Auswahl, deren Leistungsspektrum von 75 bis 110 PS reichte. Beim 1.2 TDI waren es lediglich 45 kW/61 PS, die über eine Fünfgang-Automatik an die Vorderräder gelangten. Aluminiumschmiedefelgen, gewichtsoptimierte Rücksitze sowie weitere gewichtserleichternde Maßnahmen, die zusammen 135 Kilogramm Ersparnis im Vergleich zu den Seriengeschwistern erbrachten, und eine nochmals verbesserte Aerodynamik halfen dabei, den Durchschnittsverbrauch auf 2,99 Liter Diesel pro 100 Kilometer zu senken. Auf der anderen Seite der Fahnenstange erschien 2001 der A1 1.6 FSI mit 110 PS und sportlichen Mehrspeichenrädern. Zudem bot Audi den A2 nun als Sondermodell ‚Colour.Storm‘ in den vier poppigen Lackfarben ‚Papaya-Orange‘, ‚Misanorot‘, ‚Sprintblau‘ und ‚Imolagelb‘ an.
Insgesamt entstanden zwischen November 1999 und Juli 2005 176.377 Exemplare des Audi A2. Davon entfielen lediglich 6.555 auf das Sparwunder mit dem kleinen Turbodieselmotor. Auch über die gesamte Baureihe hinweg erfüllte der A2 nicht die hohen Erwartungen, die Audi in ihn gesteckt hatte, weshalb er ohne Nachfolger aus dem Programm entfiel. Aus heutiger Sicht könnte man sagen, dass er seiner Zeit rund 10 bis 15 Jahre voraus war und selbst in die heutige Automobillandschaft noch gut passen würde. Selbst die Optik ist gut gealtert und wirkt keinesfalls so, als wenn sie in nur fünf Jahren bereits offiziellen Oldtimer-Status erlangen würde. Und ganz ehrlich: So einen A2 1.6 FSI Colour.Storm könnte ich mir fast in meiner Einfahrt vorstellen…
Bilder: Audi