In meinem Artikel zur Veranstaltung ‚Wheels at the Palace‘ klang es ja bereits an: Es gab für mich ein kleines, aber lösbares Organisationsproblem, da ich eigentlich zu einem anderen Event reisen wollte. Zugleich war aber das Sahnehäubchen, den Bugatti Brouillard in den Niederlanden zu sehen. In Molsheim im Elsass fand am gleichen Wochenende das Bugatti Festival statt, welches rund um die Stadt von den Enthousiastes Bugatti Alsace jährlich rund um den Geburtstag von Ettore Bugatti organisiert wird. Da für gewöhnlich ein Wochenende gewählt wird, landet man fast immer am zweiten Septemberwochenende.
Parallel dazu organisierte das Bugatti-Werk für seine Kunden eine Tour zum Jubiläum des Bugatti Veyron, der dieses Jahr sage und schreibe schon 20 Jahre alt geworden ist. Seien wir ehrlich, der Veyron hat sich gut gehalten und wenn man es nicht weiß, würde man das Alter kaum glauben. Es gab im Vorfeld auch viele Gerüchte und beinahe noch mehr Desinformationen, wann und wo die Bugatti Tour unterwegs sein würde. Dennoch erwischten wir einen wirklich guten Start zu der Veranstaltung. In Molsheim angekommen führte mich der Weg direkt zum Chateau St. Jean, dem historischem und aktuellem Hauptsitz von Bugatti. Ebenso lange, wie es nun bereits den Bugatti Veyron gibt, führten mich meine Wege immer wieder nach Molsheim, wenn ich grob in der Gegend war. Zugegeben, es war nahezu immer ein Umweg, aber es musste sein, war der Traum doch da, irgendwann einmal einen Bugatti vor dem Schloss ablichten zu können. Sicher – die Wahrscheinlichkeit war immer gering, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Immerhin hatte ich aber in den letzten 20 Jahren mal das Glück einen Rolls Royce vor dem Schloss zu erwischen. Nicht ganz das, was ich wirklich wollte, aber zur Not frisst der Teufel ja bekanntlich Fliegen. Dieses Jahr war es dann aber endlich so weit – Bugatti hatte extra für die Fans eine ansehnliche Sammlung eines Sammlers aus dem Vereinigten Königreich vor dem Schloss drapiert.
Vor dem Schloss standen einer von fünf gebauten Bugatti Veyron Pur Sang, einer von acht Bugatti Veyron Vitesse World Record Edition, einer von 30 Bugatti Chiron Supersport Edition 300+, einer von fünf Bugatti Veyron Supersport World Record Edition und einer von 40 Bugatti Divo. Das Herz tanzte Samba und der Tag war bereits ab diesem Moment perfekt, obgleich ich einige der Fahrzeuge des Besitzers bereits vor knapp drei Jahren in Chantilly gesehen hatte. Geschenkt – es war perfekt arrangiert und für die Fans drapiert. Später am Abend stellte der Besitzer noch seine Aston Martin Valkyrie als Coupé und Spider dazu. Da war ich aber bereits wieder unterwegs.
Gerade wenn man denkt, besser geht es nicht, wird man manchmal eines Besseren belehrt. Eigentlich war bereits die Fahrt in die Unterkunft angesetzt, aber die überall anwesenden Carspotter verrieten, dass wohl noch etwas kommen würde. Also gesellte man sich zu den gefühlt 10.000 Menschen vor die Werkseinfahrt und wartete, wartete und wartete. Irgendwann tauchte ein Mitarbeiter des Werkes auf, der versuchte die Leute mit dem Argument, es sei ein Privatgelände, zu verscheuchen. Zugegeben – er hat es nicht geschafft, sich alleine gegen die Meute durchzusetzen. Es war aber zugleich eine Art Ankündigung, dass bald etwas passieren würde. Also blieb man vor dem Werk stehen, auch wenn der Hunger rief und einige Teilnehmer der Reisegruppe bereits quengelig wurden.
Irgendwann ging dann der Zaun zum Werk auf und es war klar, dass die Ankunft der Gruppe sich nun näherte. Dann ging es los und eine ganze Armada von Bugattis kam zum Werk. Es waren viele Veyron dabei, aber auch einige Chiron, unter anderem der von Firmenchef Mate Rimac. Letzterer pilotierte an diesem Tag einen Bugatti Mistral. Als sich das Werkstor dann wieder geschlossen hatte, war klar, dass nichts mehr kommen würde. Leider waren nicht mehr alle Teilnehmer der Tour dabei. Bei der Fahrt entlang des Bugatti-Werks konnte man noch ein paar etwas versteckter abgestellte Autos entdecken. Hierzu zählte die blaue Bugatti-Studie, die in den letzten Monaten in der Autostadt in Wolfsburg zu sehen war, das 18.4 Veyron Concept, das EB16.4 Veyron Concept und der Veyron Super Sport aus dem Besitz der Familie Piëch. Immerhin geht das komplette Projekt des 1.001 PS starken Veyron auf die Ideen und Visionen von Ferdinand Karl Piëch zurück.
So emotional ‚vorbelastet‘ war bereits klar, dass es am Sonntag nur schwerlich besser werden könnte. Aber manchmal täuscht man sich gerne. Selbstredend waren am Place des Jésuites wieder viele historische Bugatti aller Coleur vorhanden. Aber ganz unter uns – sicher gäbe es Bugatti in der jetzigen Form ohne diese glorreiche Vergangenheit nicht, aber mein Bugatti-Herz fing erst in den 1990er Jahren mit dem EB110 an zu schlagen und der richtige Herzschlag setzte schließlich ein, als VW sich dem ganzen Thema angenommen hatte. Mit Faszination ging man an den alten Bugatti-Modellen der Vorkriegszeit vorüber.
Tatsächlich hatte ich jedoch nicht damit gerechnet, dass die Teilnehmer der ’20 Jahre Veyron Tour‘ auch beim Festival zugegen sein würden. Die Fahrzeuge standen etwas abseits auf einem abgesperrtem Parkplatz und davor bildete sich schnell eine riesige Schlange. Es zeigte sich, dass immer wieder Leute zu den modernen Bugatti reingelassen wurden. Dank der französischen Organisation tat sich in der eigentlichen Schlange so gut wie nichts und als die Frustration schließlich groß genug war, machte man es eben so wie die Anderen, welche teilweise recht flott Zugang zu den Fahrzeugen bekommen hatten.
Selbstredend waren die Fahrzeuge abgesperrt, aber nochmal alle in Ruhe betrachten zu dürfen war dann doch ein Highlight. Anschließend deckte ich mich noch mit Souvenirs ein und so endete der Tag am frühen Nachmittag mit der Heimreise. Ich bin nun seit 2019 jährlich in Molsheim auf dem Bugatti Festival gewesen. Dieses Jahr war aber definitiv eine der besten Ausgaben der letzten Jahre, was natürlich hauptsächlich an der großen Anzahl von modernen Bugatti lag.
Nächstes Jahr im September wieder. Ob das Niveau getoppt werden kann, muss sich noch zeigen. Wenn ich aber zusammen zähle, was ich allein an diesem einen Wochenende alles gesehen habe, stellt sich wieder die einleitende Frage aus dem Artikel zu ‚Wheels at the Palace‘. Während manch einer in seinem ganzen Leben noch nie einen Bugatti gesehen hat, kann ich es kaum mehr zählen wieviele es waren, die ich seit 20 Jahren – oder alleine am letzten Wochenende – gesehen habe.
Bilder: Oliver Kühlein