Ende der 1990er Jahre bot Mercedes-Benz in Kooperation mit der damals noch eigenständigen Firma AMG eine hochexklusive Oberklasselimousine an. Basierend auf der E-Klasse der Baureihe W 210 entstand auf Kundenanfrage der E 60 AMG als nochmals potentere Variante des offiziell in den Verkaufsprospekten abgedruckten E 50 AMG. Es war bereits die zweite Modellgeneration des E 60 und wieder gab es sie nur auf Anfrage und ohne gedrucktes Material. Aktuell steht eines von wohl weniger als 200 gebauten Exemplaren in einer Sonderausstellung des Mercedes-Benz Museums in Stuttgart.
Das Vieraugengesicht der E-Klasse vom Typ W 210 sorgte Mitte der 1990er Jahre für Diskussionen. Sie brachte eine völlig neue Rundlichkeit ins Programm der Schwaben und kam zudem mit zahlreichen Neuerungen. Nur kurz nach den Grundversionen folgte mit dem E 50 AMG eine Sportversion, die zusammen mit dem damals noch unabhängigen Haustuner AMG entwickelt wurde. Neu gestaltete Schürzen vorn und hinten, tiefer heruntergezogene Seitenschweller, eine Tieferlegung mittels Sportfahrwerk und 18 Zoll große Leichtmetallräder waren optische Erkennungsmerkmale. Unter der Haube tobte sich ein fünf Liter großer V8-Saugmotor mit 255 kW/347 PS aus. Wenig überraschend war hingegen, dass es auch damals schon Interessenten für noch leistungsstärkere Varianten der E-Klasse gab. Diese konnte man wahlweise bei diversen Tuningbetrieben wie Carlsson, Lorinser oder Brabus bekommen – oder eben auf direkte Nachfrage auch bei AMG in Affalterbach. Dort gab es dann den E 60 AMG mit offiziellem Segen vom Mercedes-Werk. Der V8 wurde auf sechs Liter Hubraum aufgebohrt und brachte es dann auf 280 kW/381 PS und 580 Newtonmeter Drehmoment – beinahe die Leistung des damaligen S 600 mit V12-Triebwerk. Übrigens nicht die einzige Gemeinsamkeit, denn auch der Grundpreis lag bei beiden Fahrzeugen mit knapp über 200.000 DM auf Augenhöhe. Nur mal zum Vergleich: ein normaler E 430 (ebenfalls mit V8-Motor) lag in der Basisausstattung bei 104.995 DM.
Von diesem „Modell auf Anfrage“ wussten offenbar japanische Kunden mehr als europäische und amerikanische. Zumindest ging der Großteil der Produktion tatsächlich in den fernen Osten, während hierzulande nur sehr wenige E 60 AMG erstausgeliefert wurden. Wieviele Fahrzeuge genau bei AMG vom 50er zum 60er umgebaut wurden, lässt sich leider nicht nachvollziehen. Vom E 50 AMG entstanden auf jeden Fall nur 2.960 Stück. Experten gehen beim E 60 AMG von weniger als 200 Autos aus. Kein Wunder, wenn allein der Umbau bei AMG bereits rund 50.000 DM kostete – plus Basisauto. Dieser umfasste indes nicht nur den aufgebohrten Motor, sondern auch eine an die Mehrleistung angepasste Bremsanlage mit eigenständigen Scheiben vorn und den Bremsscheiben des SL 600 (R 129) hinten.
Auch innen legten die AMG-Mitarbeiter noch einmal Hand an. Edle Holzapplikationen, Alcantara-Türverkleidungen sowie Alcantara auf den Sitzmittelbahnen unterschied den E 60 hier vom E 50. Hinzu kamen Einstiegsleisten mit dem Modellschriftzug, der sich auch auf dem Automatikwählhebel findet. Auf der Klappe des zentralen Ablagefaches an der Mittelkonsole findet sich die nachgebildete Unterschrift von AMG-Firmenmitgründer Hans-Werner Aufrecht. Diese ist zudem beim Ausstellungsfahrzeug im Mercedes-Benz Museum auf einem Aufkleber in der Heckscheibe zu finden. Darüber hinaus erhielt dieses Auto im Auftrag seines Erstbesitzers in Japan einen in Wagenfarbe lackierten Kühlergrill und auch den darüber aufragenden Mercedes-Stern in schwarz. Chrom findet sich insgesamt nur an den Schriftzügen auf der Heckklappe.
Bilder: Matthias Kierse (Galerie 1), Mercedes-Benz


















