Die britische Autofirma Alvis ist eigentlich seit 1968 nicht mehr aktiv. Dem Enthusiasmus einiger Ingenieure ist es zu verdanken, dass die Marke vor einigen Jahren wiederbelebt werden konnte. Interessanterweise widmet man sich nicht dem Bau neuer Autos mit klassischen Modellnamen, sondern baut stattdessen lieber sogenannte Continuation Cars der alten Klassiker. Diese Autos entstehen mit dem gleichen Design und ähnlichen Fertigungstechniken wie in den 1930er Jahren, wobei auch moderne Produktionstechniken integriert werden. Bei der Gestaltung, die zusammen mit potenziellen Kunden stattfindet, hilft das riesige Archiv der Firma mit rund 25.000 originalen Zeichnungen, 23.000 Fahrzeugakten und 300.000 originalen Ersatzteilen. Für einen japanischen Kunden entstand nun das neueste Continuation Car der Modellreihe Lancefield.
Der japanische Kunde entschied sich für ein Art-Deco-Karosseriedesign, das 1938 für die London Motor Show erschaffen wurde. Beim Aufbau kamen originale Ersatzteile zum Einsatz, die seit den 1930er Jahren im Lager der Firma lagen. Das Originalfahrzeug wurde 1937 bei Alvis bestellt und kostete damals £ 1.350. Während diese Summe heute gering wirkt, entsprach sie damals mehr als dem doppelten Wert eines durchschnittlichen Hauses. Im Vergleich dazu beginnen die Preise für die heutigen Continuation Cars von Alvis bei £ 325.000. Für den Nachbau entstand die Karosserie aus Aluminiumblechen, die von Hand über einem Eichenholzrahmen in Form gebracht wurden. Allein dieser Arbeitsschritt verschlang rund 3.800 Arbeitsstunden. Auch die zweifarbige Lackierung erfolgte von Hand. Unter der Karosserie sitzt ein komplett galvanisiertes Stahlchassis mit einer Fahrgestellnummer, die an die Zählung der 1930er anschließt.

Um das Fahrzeug im heutigen Verkehr besser fahrbar zu machen, erhielt es eine Servolenkung, ein elektronisches Motorsteuerungssystem und servounterstützte Bremsen. Ebenso zeigt die Lenksäule Sollbruchstellen für den Fall eines Crashes auf und im Abgassystem konnte ein Katalysator integriert werden. Der Motor mit exakt 4.387 Kubikzentimetern Hubraum entstand nach exakten Vorgaben aus den originalen technischen Zeichnungen, erhielt jedoch eine Benzineinspritzung anstelle der in den 1930ern üblichen Vergaser. Dank eines Leergewichts von knapp unter 1,5 Tonnen beschleunigt das Continuation Car in weniger als zehn Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100.
Das originale Auto von 1938 existiert heute auch noch. Es hat eine bewegte Geschichte hinter sich, die immer mal wieder nach Deutschland führte, unter anderem, um an der „Autoshow der Superlative – Veedol Starparade“ in Berlin 1982 teilzunehmen. Es folgten Stationen in den USA und Jamaika, bevor es 1994 zurück ins Vereinigte Königreich ging.

Bilder: The Alvis Car Company