So ziemlich jeder Sportwagenfan kennt den McLaren F1. Aber nur wenige haben die gesamte Entwicklungsgeschichte dieses Dreisitzers aus Woking eng verfolgt und können jede Variante genau benennen. Ursprünglich hatte das Team rund um Ron Dennis und Gordon Murray nur von einem möglichst perfekten Sportwagen für die Straße geträumt. Schnell hatten sich jedoch Kunden gemeldet, die das motorsportliche Potenzial des F1 förmlich spürten. Gemeinsam mit Lanzante entstand darauf hin die erste Rennversion, der F1 GTR, mit dem McLaren 1995 werksseitig an der BPR-Sportwagenserie und den 24 Stunden von Le Mans teilnahm. Beim Langstreckenklassiker an der Sarthe fuhr man völlig überraschend zum Sieg, wodurch umso mehr Fahrer und Privatteams auf den F1 GTR aufmerksam wurden. Für 1996 gab es eine technische Weiterentwicklung, für 1997 schließlich eine weitere Modifikation, die zusätzlich über eine Verlängerung der Karosserie im Heckbereich verfügte – das sogenannte Longtail. Insgesamt entstanden 28 F1 GTR, davon zehn in der finalen Longtail-Ausführung.
Das zweitletzte Fahrzeug trägt die Fahrgestellnummer 27R. Es ist der einzige privat eingesetzte F1 GTR Longtail, der je am 24-Stunden-Rennen von Le Mans teilgenommen hat. Zudem setzte man dieses Auto in der FIA-GT-Rennserie und der britischen GT-Meisterschaft 1997 ein. Beim ersten Rennen der Saison im britischen Silverstone zeigte sich der Wagen in gelb und blau, den Farben des Teams Parabolica Motorsport. Chris Goodwin und Gary Ayles steuerten den F1 GTR zum Sieg – dem ersten für einen Longtail-GTR. Für die 24 Stunden von Le Mans vermietete man den Wagen an das Semi-Werksteam LARK aus Japan, die ihn in die hauseigenen Farben pink und dunkelgrau umlackierten. Da LARK eine Zigarettenmarke aus dem Philip-Morris-Konzern war, wurden anstelle von klaren Werbebotschaften nur kryptische Zeichen aufgeklebt, die erst auf den zweiten Blick den Schriftzug LARK offenbarten – in Frankreich herrschte bereits ein Werbeverbot für Tabakprodukte.
Akihiko Nakaya, Katsutomo Kaneishi und Keiichi Tsuchiya hieß das Fahrertrio für das 24-Stunden-Rennen. Allerdings stellte sich Kaneishi als nicht schnell genug heraus, weshalb das Team auf den Parabolica-Stammfahrer Gary Ayles zurückgriff. Über weite Teile des Rennens lag der F1 GTR in den top ten, dann passierte Akihiko Nakaya ein Fahrfehler in Tertre Rouge, der zum Ausfall führte. Das Team rund um Teamchef Kazumichi Goh nahm noch einige Male am Traditionsrennen in Le Mans teil und konnte es 2004 mit einem Audi R8 schließlich sogar gewinnen. Dieses Siegerauto steht inzwischen im Nationalen Automuseum – The Loh Collection. Doch zurück zum F1 GTR Longtail: Für den Rest der Saison 1997 kehrte das Fahrzeug zur gelb-blauen Parabolica-Lackierung zurück. Als beste Platzierungen sind je ein sechster Platz in Spa-Francorchamps und am Nürburgring festzuhalten.
Im Laufe des Jahres verkaufte Parabolica-Teamchef David Morrison den F1 GTR an James Cox, der mit seinem Team AM Racing ab 1999 in der britischen GT-Meisterschaft antreten wollte. Hierfür ließ er den Wagen und einen zweiten F1 GTR ins klassische Papaya Orange umlackieren. Er schaffte es, die Autos bei fünf Rennen einzusetzen, dann wurden die Fragen nach der Herkunft seines vermeintlichen Reichtums immer lauter und die Behörden griffen durch. Der F1 GTR mit der Chassisnummer 27R wurde von Paul Osborn von CARS International erworben, der das Auto immer mal wieder im Rahmen des Goodwood Festival of Speed zeigte. 2011 erfolgte ein Besitzerwechsel und eine Restaurierung bei den McLaren-Experten unter Leitung von Dean Lanzante in Hampshire. Diese kostete mehr als £ 110.000. Weitere £ 200.000 flossen in dieses Fahrzeug, als Lanzante es 2017 straßentauglich machte. In diesen Prozess war auch Gordon Murray mit seiner Firma GMD involviert.
Seit dem erfolgreichen Umbau und der Zulassung zum öffentlichen Straßenverkehr konnte 27R häufig bei internationalen Veranstaltungen gesehen werden. Ob im kalifornischen Monterey beim Pebble Beach Concours, beim Festival of Speed in Goodwood oder beim Concours of Elegance am Hampton Court Palace, der Wagen fällt auf und findet schnell eine große Zahl von Fans. Nun steht 27R beim Exoten- und Oldtimerhändler Girardo & Co. zum Verkauf.
Bilder: Girardo & Co.

















