Die Geschichte des Volkswagen ist lang und wohl schon in allen Facetten ausreichend beleuchtet worden. Sowohl die Entstehungsgeschichte im Dritten Reich unter der federführenden Leitung von Ferdinand Porsche und dank großzügiger Finanzierung durch die damalige Regierung unter Adolf Hitler ist bekannt, als auch die Tatsache, dass der später fast nur noch unter seinem Spitznamen ‚Käfer‘ bekannte Wagen in der Nachkriegszeit weltweit für Massenmotorisierung sorgte. In (West-)Deutschland trug das Fahrzeug nachhaltig zum sogenannten Wirtschaftswunder bei, durch das unser Land innerhalb von nur einem Jahrzehnt von schwersten Kriegsschäden auf den sprichwörtlichen ‚grünen Zweig‘ kam. Somit verwundert es nicht, dass 1955, also vor exakt 70 Jahren, die Fertigung des einmillionsten Volkswagen im Werk Wolfsburg groß gefeiert wurde.
Zur damaligen Zeit lief der Volkswagen in den Varianten Standard und Export vom Band. Großartige Auswahl an zusätzlichen Extras gab es nicht, einzig die Karosseriefarbe und die Wahl eines Stoffschiebedaches waren größere Punkte im Bestellschein. Ebenso gab es lediglich eine Motorisierung, den Vierzylinderboxermotor mit 30 PS aus 1,1 Litern Hubraum. Ein Jahr zuvor lag die Leistung noch bei 25 PS, doch einige Modifikationen des Triebwerks hatten zur Mehrleistung verholfen. Selbst der linke Außenspiegel gehörte noch bis November 1956 zu den aufpreispflichtigen Optionen. Und sollten Sie auf den Bildern nach Blinkleuchten suchen: diese gab es erst ab 1960 serienmäßig anstelle der zuvor verwendeten Winker an den B-Säulen. Seit März 1953 erhielt der Käfer immerhin eine etwas größere Heckscheibe, da die zweigeteilte ‚Brezel‘-Optik seither durch ein ovales, einteiliges Glas ersetzt worden war. Zudem gab es bereits den Typ 2, besser als Bulli bekannt, der anfänglich parallel zum Käfer in Wolfsburg vom Band gelaufen war. Das Werk in Hannover war zum Zeitpunkt der Millionärsfeier noch im Bau und nahm 1956 den Betrieb auf.
Das einmillionste Exemplar des Volkswagen wurde in einer ganz besonderen Optik hergestellt und gehört bis heute zur Fahrzeugsammlung von Volkswagen in Wolfsburg. Das Auto erhielt eine goldfarbene Lackierung mit Glasperlen. Metalliclacke, wie wir sie heute kennen, gab es noch nicht. Zudem erhielten die Chromzierteile eine Sonderbehandlung durch das Aufbringen von geschliffenen Glassteinen aus Südamerika. Leider wurde der Wagen in den zurückliegenden 70 Jahren mehrfach restauriert, wobei beispielsweise zeitweise ganz normale Chromstoßstangen ohne Steine montiert waren. Auch der Lack entspricht nicht mehr dem Zustand vom 5. August 1955. Man muss jedoch die ganze Geschichte ernsthaft betrachten: Diese gravierenden Umbauten waren nicht im Takt des damaligen Produktionsbandes machbar. Somit muss aus heutiger Sicht stark bezweifelt werden, dass dieser goldfarbene Käfer der einmillionste Volkswagen ist. Zudem lässt sich hinterfragen, mit welchem Fahrzeug die Zählung begann, denn die Kommandeurs-, Kübel- und Schwimmwagen der Wehrmacht dürften ebenso wenig eingeflossen sein, wie die Vorserienautos und die wenigen KdF-Wagen, die während der Kriegszeit das Werk in Wolfsburg verließen.
Ob Augenzeugen der großen Feier in Wolfsburg wohl ahnen konnten, dass auf dieses einmillionste Fahrzeug mehr als 20 Millionen weitere Käfer folgen würden, ehe die Produktion des Käfer 2003 endgültig auslief? Wohl kaum. Der 21.529.464ste und somit zugleich allerletzte gebaute Käfer gehört ebenfalls der Fahrzeugsammlung in Wolfsburg und wurde zeitweise bereits neben dem angeblich einmillionsten Volkswagen ausgestellt.
Bilder: Volkswagen