Typische Supersportwagen haben nur zwei Sitzplätze. Allerdings gibt es ein paar Ausnahmen von dieser Regel. Besonders der McLaren F1 wurde Ende der 1980er Jahre dafür berühmt, dass er den Fahrerplatz in die Mitte rückte und somit links und rechts davon jeweils einem Beifahrer Platz bot. Diese Anordnung nutzt der F1-Entwickler Gordon Murray aktuell erneut bei seinem neuen Sportwagenprojekt. Es ist jedoch nicht von ihm erfunden worden. Tatsächlich gab es bereits Mitte der 1960er Jahren ein entsprechendes Modell von Ferrari, das ebenfalls einen mittig verbauten Fahrersitz und zwei weitere Sitze daneben erhielt. Vom 365P Berlinetta Speciale entstanden allerdings nur zwei Exemplare, was ihn heute zur gesuchten Rarität macht.
Ursprünglich diente das Chassis des 365P als Grundlage für einen Le-Mans-Prototypen. Allerdings überzeugte Pininfarina die Entscheider bei Ferrari von der Idee, eines dieser Fahrzeuge in einen straßentauglichen Sportwagen zu verwandeln. Auf dem Pariser Autosalon 1966 debütierte der Ferrari 365P Berlinetta Speciale und sorgte auf Anhieb für Schlagzeilen. Neben der Sitzkonfiguration, die zum Spitznamen „Tre Posti“ führte, war auch die Motorposition außergewöhnlich. Ein V12-Triebwerk in Mittelmotorlage hinter den Passagieren gab es bis dahin höchst selten. Ferrari hatte bis dahin noch kein solches Konzept auf die Straße gebracht. Bei Lamborghini rollte jedoch bereits der Miura in kleinen Stückzahlen vom Band. Vom 365P Berlinetta Speciale war hingegen keine Serienfertigung geplant.
Während das Einzelstück von einer Automesse zur nächsten weitergereicht wurde und überall für offene Münder sorgte, erhielten Pininfarina und Ferrari Besuch. Niemand Geringeres als Fiat-Chef Gianni Agnelli gab sich die Ehre, um nach einem eigenen Exemplar des 365P Berlinetta Speciale zu fragen. Wenn andere Kunden diese Anfrage gestellt hätten, wäre die Antwort vermutlich ein klares „nein“ gewesen. Bei Agnelli konnten die beiden beteiligten Firmen jedoch nicht anders, als ihm den Wunsch zu erfüllen. Somit entstand der zweite 365P mit Straßenzulassung. Das 4,4 Liter große V12-Renntriebwerk wurde, wie beim ersten Fahrzeug, nur leicht heruntergeregelt. Dennoch standen 279 kW/380 PS zur Verfügung. Theoretisch lag die Höchstgeschwindigkeit knapp unterhalb von 300 km/h. Einigen Zeitzeugen zufolge dürfte Gianni Agnelli diesen Wert ausgetestet haben – italienischen Tempolimits zum Trotz. Heute sind beide gebauten 365P Berlinetta Speciale noch existent und gern gesehene Gäste auf Autoveranstaltungen. Eines der beiden Exemplare steht beispielsweise am Wochenende beim Concours of Elegance in London.