Die britische Automarke Jaguar befindet sich aktuell in einem schwierigen Fahrwasser. Sämtliche Modellreihen mit Verbrennermotoren sind aus der Produktion ausgelaufen. Selbst das Elektromodell I-Pace erreichte zwischenzeitlich sein Fertigungsende. Aktuell laufen noch finale Exemplare des großen SUVs F-Pace vom Band, das jedoch auch nur noch bis Anfang 2025. Anschließend sollten drei neue Modellreihen mit reinelektrischem Antrieb debütieren und übernehmen. Deren Entwicklung kam jedoch aus verschiedenen Gründen ins Stocken. Nach aktuellen Angaben des JLR (Jaguar Land Rover) CEOs Adrian Mardell im britischen Automagazin „Autocar“ erfolgt die Markteinführung des ersten neuen Modells frühestens im Sommer 2026. Damit wäre Jaguar für mehr als ein Jahr eine Automarke ohne neue Autos. Was das für die Händler bedeutet, kann man sich grob ausmalen. In der Zwischenzeit hilft dann wohl nur ein Blick in die lange Tradition der Marke und auf Ikonen wie den E-Type.
Diesen Gedankengang hatte offenbar bereits jetzt ein VIP-Kunde aus Südostasien. Dieser bestellte bei der Heritage-Abteilung Jaguar Classic zwei nagelneue E-Type Roadster. Ja, richtig gelesen, nagelneu. Im Gegensatz zu den bereits bekannten Werksrestaurierungen, für die Jaguar weltweit heruntergerittene Exemplare des Klassikers ankauft und diese dann nach Kundenwunsch im Reborn-Programm neu aufbaut, gibt es auch das Programm der komplett neu gefertigten Klassiker. Bekannt war es bisher für die Neuauflagen des E-Type Lightweight, des D-Type oder des XK-SS. Nun entstanden zwei E-Type im Stil der ersten Serie von 1961 als rechtsgelenkte Roadster ziemlich exakt 50 Jahre nachdem die Produktion des legendären Sportwagens endete. Allerdings blieben beide Fahrzeuge nicht in allen Details der Serie 1 treu. So erhielten sie beispielsweise die Lackfarben der sogenannten Commemorative Edition, die es 1974 in einer Auflage von 50 Exemplaren zum Fertigungsende des E-Type für die Serie 3 gab: „Signet Green“ und „Opal Black“.
Unter der „ewig langen Motorhaube“, wie sie einst von Autojournalistenlegende Fritz B. Busch beschrieben wurde („beim E-Type dauert die Umrundung vorne herum genauso lang, wie hinten herum, wenn man der Beifahrerin die Tür öffnen möchte“) werkelt bei den beiden neu entstandenen Fahrzeugen ein nach klassischen Bauplänen neu aufgelegter Reihensechszylindermotor mit 3,8 Litern Hubraum. Dieser erhielt jedoch im Vergleich zum originalen Triebwerk keine Vergaser, sondern eine elektronische Einspritzung. Ebenso ersetzte Jaguar Classic das traditionelle Viergang-Schaltgetriebe gegen ein manuelles Getriebe mit fünf Vorwärtsgängen. Weitere Neuerungen sind eine Klimaanlage, eine beheizbare Frontscheibe und ein Radio mit Bluetooth-Freisprecheinrichtung. Laut internen Angaben dauerten die Implementierungen der neuen Technik rund 2.000 Arbeitsstunden.
Auf den Sitzen findet sich geflochtenes Leder von Bridge of Weir, das es in dieser Form noch nie in Fahrzeugen von Jaguar Classic gab. Hinzu kommt Glattleder in schwarz und beige für das restliche Interieur. Die schwarz eloxierte Aluminiumfläche zwischen den Sitzen zeigt die originale Blaupause des E-Type Roadsters als Gravur. Für die Kippschalter am Armaturenbrett, den Hupknopf des Moto-Lita-Lenkrads, das vordere Jaguar-Logo, den hinteren Jaguar-Schriftzug und die Fahrzeugschlüssel wandte sich Jaguar Classic an Deakin & Francis, den ältesten Juwelierbetrieb in Großbritannien. 925er Silber und 18-karätiges Gold sorgen nun für eine einzigartige Atmosphäre und sind durch die Handwerkerpunzen ihrer Macher gekennzeichnet. Zum Preis der beiden Unikate machten die Briten keinerlei Angaben. Man darf aber davon ausgehen, dass er signifikant über dem Grundpreis der Reborn-E-Types aus der Werksrestaurierung liegen dürfte. Dieser beginnt je nach gewünschtem Modell und zusätzlich bestellter Ausstattung bei rund 355.785 €.
Bilder: Jaguar Classic