Wenn Sie, werte/r Leser/in, in den letzten vier Jahren nicht unter einem großen Stein gelebt haben, dann haben Sie bereits mindestens einmal vom McMurtry Spéirling gehört. Dieser britische Einsitzer revolutioniert aktuell die Automobilwelt auf eine Weise, die zuvor wohl kein anderer Sportwagen geschafft hat. Und das mit Mitteln, die bereits vorhanden waren. Das Auto ist kompakt, so leicht wie irgendwie möglich, vollelektrisch angetrieben – und mit einem speziellen Gebläsesystem ausgestattet, das auf Knopfdruck Anpressdruck generiert. Ähnliche Systeme gab es bereits 1970 beim Chaparral 2J in der Can-Am-Rennserie oder beim Brabham BT46B für die Formel-1-Saison 1978. Anschließend wurde diese Erfindung für viele Jahre in die Schublade verbannt und kam erst mit dem McMurtry und dem Gordon Murray Automotive (GMA) T50 und T50.S wieder auf den Tisch. Allerdings ist das Ansaugsystem bei McMurtry dank zwei Gebläsekanälen überdurchschnittlich kraftvoll und sorgt für bis zu zwei Tonnen Anpressdruck bereits im Stand.

Dieser Wert beeindruckt umso mehr, wenn man weiß, dass das Fahrzeug selbst deutlich weniger wiegt. Rein physikalisch betrachtet sollte ein Auto in der Lage sein, kopfüber an der Decke zu fahren, wenn mehr Anpressdruck als Eigengewicht vorliegt. Dieses jahrzehntealte Versprechen der Wissenschaft konnte bislang jedoch nie belegt werden, da es nirgendwo auf der Welt einen entsprechend gebauten Tunnel mit genügend Anlauffläche davor und Auslauffläche dahinter gibt. Normale Rennfahrzeuge und auch moderne Supersportwagen generieren ihren Anpressdruck (auch Abtrieb genannt) nämlich über die Aerodynamik und die Geschwindigkeit. Je schneller sie unterwegs sind, umso mehr werden sie von Spoilern und Flügeln an den Boden gepresst. McMurtry macht es wie beschrieben anders. Hier liegt der volle Abtrieb auf Knopfdruck auch im Stillstand an. Dadurch lässt sich die Beweisführung auf ein Minimum der Distanz verkürzen. Vor dem Firmensitz Swinway House in Großbritannien wurde eine spezielle Rampenkonstruktion aufgebaut, die zentral einen drehbaren Abschnitt enthielt. Dieser war bewusst etwas länger als der Spéirling gestaltet worden.

Für diesen besonderen Fahrversuch wagte sich der McMurtry-Mitbegründer Thomas Yates ans Steuer des seriennahen Vorserienprototypen. Er wurde von außen auf der schmalen Rampe eingewiesen, hielt an einer zuvor abgestimmten Stelle auf dem rotierbaren Bereich an und aktivierte das Gebläsesystem. Anschließend ließen seine Mitarbeiter das Stück Rampe um 180 Grad rotieren, sodass der McMurtry Spéirling kopfüber hing. Thomas Yates aktivierte nun den Vorwärtsgang und fuhr langsam ein Stück vor, womit er die Theorie des an der Decke fahrenden Autos eindrucksvoll unter Beweis stellte. Nachdem die Rampe sich wieder in die Urspungsstellung zurückgedreht hatte und er von der Rampe heruntermanövriert war, ließ er sich einen Sieger-Burnout in der Zufahrt zum Swinway House nicht nehmen.
In der jüngeren Vergangenheit erzielte der McMurtry Spéirling bereits Rekordrundenzeiten beim Goodwood Festival of Speed, auf dem Hockenheimring und weiteren Rennstrecken. Zuletzt unterbot er den absoluten Rundenrekord auf der Teststrecke der TV-Autosendung TopGear, der seit über zwanzig Jahren von einem Renault Formel-1-Rennwagen gehalten wurde. Der McMurtry war 3,1 Sekunden schneller mit einer Rundenzeit von 55,9 Sekunden für den 1,75 Meilen langen Rundkurs. Zum Vergleich: das schnellste straßenzugelassene Fahrzeug, der Aston Martin Valkyrie, liegt bei 1:09,6 Minute.
Bilder und Videos: McMurtry, TopGear