Grand Prix – Ikonen der Königsklasse – Sonderausstellung im Nationalen Automuseum – The Loh Collection

Morgen, am 12. April 2025, eröffnet im Nationalen Automuseum – The Loh Collection in Dietzhölztal die neueste Sonderausstellung. Nach den Themen „100 Jahre 24 Stunden von Le Mans“ und „Ferrari“ widmet sich das Team diesmal dem Grand-Prix-Rennsport und blickt dabei zurück bis auf die absoluten Anfänge des Motorsports. Durch gezielte Leihgaben aus anderen Museen gelingt ein nahezu vollständiger Überblick über alle Jahrzehnte mit ihren wichtigsten Entwicklungen. Es sind diesmal sogar soviele Fahrzeuge in der Sonderausstellung zu sehen, dass ein Nebenbereich der Ausstellungsfläche zusätzlich geöffnet und zugänglich gemacht wird. Im Rahmen eines Presserundgangs konnte ich mir bereits vor dem normalen Publikum einen ersten Eindruck machen – und kann den Besuch nur wärmstens empfehlen. Wer die ausgestellten Autos nicht bereits vorher wissen möchte, sollte an dieser Stelle mit dem Lesen stoppen. Allen anderen viel Spaß beim Rundgang durch die Sonderausstellung „Grand Prix – Ikonen der Königsklasse“.

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Bevor es die heute noch bekannten und beliebten Grand-Prix-Rennen gab, taten sich rennsportinteressierte Privateers zusammen und begründeten die Gordon-Bennett-Rennen – benannt nach einem Zeitungsverleger. Diese fanden einmal jährlich im Land des jeweiligen Vorjahressieger statt. Jede Nation durfte maximal drei Autos in zuvor festgelegten Landesfarben an den Start bringen. Dies führte im Laufe der Zeit natürlich zu Verstimmungen, da es in vielen Nationen mehr als drei Autohersteller gab, die an diesem prestigeträchtigen Rennen teilnehmen wollten. So kam es zur Begründung der Grand Prixs mit mehr Startplätzen. Diese ganz frühe Anfangszeit des Motorsports repräsentiert ein Napier 100 HP, der 1903 speziell für das Gordon-Bennett-Rennen gebaut wurde, jedoch aufgrund eines Unfalls nicht teilnehmen konnte. Weiter geht es mit einem 1913er Opel Grand-Prix-Wagen und einem frühen Rennauto von Mercedes-Benz, bevor sich die Ausstellung der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen widmet.

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Die weiteren Fahrzeuge sind überwiegend, aber nicht vollständig chronologisch aufgestellt. Einige Exponate erhielten aufgrund ihres besonderen Status in der Rennsportwelt eigene Podeste, um den Besuchern in ihrer Einzigartigkeit präsentiert zu werden. Der Blick durch die beiden Hallen offenbart auf jeden Fall Motorsportgeschichte pur – jedes dieser Autos ist real, kein Nachbau oder Showcar. Und einige Namen, die mit der Konstruktion oder den eingefahrenen Siegen verbunden sind, gehen Motorsportfans mit Leichtigkeit von der Zunge: Ferdinand Porsche, Ettore Bugatti, Rudolf Uhlenhaut, Juan Manuel Fangio, Stirling Moss, Niki Lauda, Stefan Bellof, Ayrton Senna, Michael Schumacher, Lewis Hamilton – die Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen.

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Bereits der ganz vorn mit offener Motorhaube postierte Delage 2LCV mit seinem V12-Triebwerk weiß zu beeindrucken. Aus heutiger Sicht fällt es zwar schwer, einem solchen Motor lediglich 120 PS aus zwei Litern Hubraum abzuringen, doch der Blick auf die damalige Sicherheitsausrüstung (keine), die Bremsen (Trommeln) und die hinter den Fahrzeugen beispielhaft abgebildeten Rennstrecken (kurvig) lässt schnell die Erkenntnis reifen, dass auch diese Leistung bereits ausreichend gewesen sein dürfte, um fahrerisch die Spreu vom Weizen zu trennen. Einige Meter entfernt steht eines der Ausstellungshighlights separat in der Hallenecke: das originale Siegerfahrzeug vom Grand Prix de Monaco 1929, ein Bugatti Typ 35 im absoluten Originalzustand. Gerade diesen Wagentyp gab es in vielfältigen Farbgebungen, da Bugatti ihn in alle Welt verkaufte. Dies ist schematisch auf einem Poster hinter dem Auto anhand der damaligen ländertypischen Rennfarben dargestellt. Deutlich weniger bekannt ist der Bugatti Typ 53, der 1931 als Grand-Prix-Rennwagen mit Allradantrieb und 300 PS starkem Kompressor-V8-Motor entwickelt wurde. Von drei gebauten Autos gibt es heute noch genau dieses hier in fahrbereitem Zustand. Eine andere Ecke der Ausstellungshalle beherbergt eine nachgestellte Rennszene zwischen Alfa Romeo P3 und Austro-Daimler. Vom Mercedes-Benz Museum aus Stuttgart stammt als Leihgabe der W25 von 1934. Der Legende nach begann mit diesem Auto der Wechsel der deutschen Rennfarbe von weiß auf silber.

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Ein ganz besonderes Exponat ist auch der Alfa Romeo 16C Bimotore. Als Mitte der 1930er Jahre die deutschen Silberpfeile immer erfolgreicher wurden, geriet man in Italien ein wenig in Panik. Die Rennabteilung von Alfa Romeo leitete damals ein gewisser Enzo Ferrari, der den meisten Lesern vermutlich erst für seine eigenen Sport- und Rennwagen aus den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg bekannt ist. Unter seiner Leitung entstehen speziell für die Hochgeschwindigkeitsrennen, beispielsweise auf der Berliner Autobahnrennstrecke AVUS, die 16C Bimotore. Der Name nimmt es bereits ein Stück weit vorweg: Hier werkeln 16 Zylinder aus zwei Motoren. Einer ist knapp hinter der Vorderachse positioniert, der andere hängt über der Hinterachse. Der hohe Schwerpunkt und das hohe Gewicht sorgen jedoch für reichlich Reifenverschleiß: Tazio Nuvolari steuert beim Tripolis-GP insgesamt 14-mal die Boxengasse zum Reifenwechsel an. Während die beiden gebauten 16C Bimotore zwar bei den beiden Rennen, bei denen sie an den Start rollten, nur einen zweiten Platz einfahren konnten, absolvierte eines der beiden Fahrzeuge einen Geschwindigkeitsrekordversuch auf der Autobahn zwischen Mailand und Brescia. Über den „fliegenden Kilometer“ und die „fliegende Meile“ wurden je 321 km/h notiert, als absolute Höchstgeschwindigkeit sogar 364 km/h.

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Ein dunkelblauer Bolide mit roten und weißen Streifen markiert das Ende des Grand-Prix-Sports für die prestigeträchtige Marke Bugatti. Das rund 250 PS starke Fahrzeug vom Typ 59 ging 1934 an den Start, konnte jedoch nicht an die Erfolge des Typ 35 anknüpfen. Drei Jahre später entstand bei Mercedes-Benz in Stuttgart das vermutlich leistungsstärkste Formel-Auto bis zur einsetzenden Turbo-Ära in den 1980ern. Der W125 erhielt einen kompressoraufgeladenen, 5,6 Liter großen V8-Motor, der rund 646 PS bereitstellte. In der Loh Collection zeigt sich dieses Rennfahrzeug als Chassis ohne Karosserie und lässt damit schöne Einblicke in die Technologie der späten 1930er Jahre zu. Wenige Meter weiter stehen zwei weitere Silberpfeile der Vorkriegszeit in Form des Mercedes-Benz W154 und des originalsten Auto Union Typ C weltweit. Während der hier gezeigte W154 bis in die Nachkriegszeit hinein bei Rennen eingesetzt wurde – unter anderem in Indianapolis in den USA – überdauerte der Auto Union hinter dem Eisernen Vorhang die Jahrzehnte ohne lauffähigen Motor im Depot des Technikmuseums Prag. Über politische Umwege gelang schließlich die Ausfuhr. Einen lauffähigen Motor fand man durch Zufall bei einem ehemaligen Mitarbeiter der Auto Union-Rennabteilung in Dresden und konnte diesen gegen den leeren Motorblock aus dem Typ C austauschen, ohne dass die Grenzbeamten an der innerdeutschen Grenze davon Wind bekamen.

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Nachdem die Wirren des Zweiten Weltkriegs langsam abgeebbt waren, begannen immer mehr Motorsportler damit, auch die Grand-Prix-Rennen wiederzubeleben. Nun gehörte der bereits erwähnte Enzo Ferrari mit seiner eigenen Firma zu den Begründern der sogenannten Formel 1, die man bis heute kennt – und an der sein Team als einziges seit der Gründungssaison 1950 durchgehend teilnimmt. Aus dieser Zeit stammt ein in den argentinischen Rennfarben blau und gelb lackierter Ferrari 166 FL, den unter anderem Juan Manuel Fangio und José Froilán González einst in der südamerikanischen Formula Libre fuhren. In den ersten Jahren der Formel 1 gab es noch Uneinigkeiten darüber, wie ein Formel-Rennwagen auszusehen hat. So war es bis in die späten 1950er Jahre hinein erlaubt, aerodynamisch ausgefeilte Stromlinien-Karosserien für die Hochgeschwindigkeitskurse anzubringen. Namhafte Vertreter dieser Bauform waren beispielsweise Veritas und Mercedes-Benz. Deren verkleideter W196 R wurde ja erst kürzlich als teuerstes jemals öffentlich versteigertes Rennfahrzeug weltberühmt, als ein Schwesterfahrzeug des im Loh Museum gezeigten Autos für 51.155.000 € den Besitzer wechselte. Durchaus ebenfalls sehr wertvoll dürfte auch der Maserati 250F sein, mit dem Juan Manuel Fangio seinen fünften und letzten Weltmeisterschaftstitel einfuhr.

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Für die Saison 1964 entwickelte Ferrari den neuen Typ 1512 mit einem lediglich 1,5 Liter großen V12-Triebwerk. Insgesamt entstanden nur drei Exemplare, von denen das hier präsentierte Auto komplett im unrestaurierten Originalzustand verblieb. BMW Classic lieh der Loh Collection passend dazu einen Brabham BT7 von 1966 mit einem 2-Liter-BMW-Triebwerk. Beide Rennwagen zeichnen sich durch die Mittelmotorbauweise aus, die Auto Union und andere Hersteller bereits vor dem Krieg aufgezeigt hatten, die aber nicht sofort von allen Rennställen übernommen wurde. In den 1970er Jahren wurden die Reifen breiter und die Spoiler größer. Ab 1973 saß ein gewisser Niki Lauda im Ferrari 312 und monierte auf der Stelle die schlechte Qualität mancher Bauteile und das furchtbare Fahrverhalten. Es soll nicht viel gefehlt haben bis zu einem sofortigen Rauswurf des neuen Werksfahrers. Stattdessen nahm man seine Einwürfe ernst, baute das Auto um und fuhr mit ihm 1974 den Weltmeistertitel ein. Im Folgejahr kam es zum bekannten Kampf mit James Hunt im McLaren M23 inklusive des furchtbaren Feuerunfalls auf der Nürburgring-Nordschleife und dem Finale im Monsun von Japan. Daher steht der McLaren hier in der Sonderausstellung auch passenderweise auf Regenreifen.

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Ein Fahrer, von dem viele Betrachter noch Großes erwarteten, fuhr 1984 in Monaco unzweifelhaft das Rennen seines Lebens. Fast alle Teams nutzten bereits leistungsstarke Turbomotoren, während der Tyrrell 012 weiterhin einen Ford-Saugmotor im Heck hatte. In den massiven Regenschauern von Monaco, in denen vor ihm Ayrton Senna den Führenden Alain Prost beinahe einholte, fuhr der bis dahin eher unbekannte Stefan Bellof dahinter fast gleichschnelle Rundenzeiten und erzielte den dritten Platz. Allerdings wurde sein Team wegen diverser Regelverstöße später von der Saison ausgeschlossen – und Bellof selbst verunfallte im Folgejahr am Steuer eine Gruppe-C-Porsche tödlich in Spa-Francorchamps. Im gleichen Jahr fuhr Brabham mit einem BMW-Turbomotor in der Formel 1 zum Titel. Das Ende des Jahrzehnts war schließlich vom Zweikampf zwischen Ayrton Senna und Alain Prost geprägt. 1989 startete das vermutlich schönste Formel-1-Auto aller Zeiten – liegt natürlich im Auge des Betrachters – in Form des McLaren MP4/5A mit Honda-Zwölfzylindermotor.

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Zehn Jahre später war McLaren wieder megaerfolgreich in der Formel 1 unterwegs. Inzwischen steckten V10-Triebwerke von Mercedes-Benz im Heck. Am Steuer drehten der Schotte David Coulthard und der Finne Mika Häkkinen, der 1998 und 1999 die WM-Titel abräumte – gegen Michael Schumacher im Ferrari. Der deutsche Fahrer schlug erst ab der Saison 2000 wieder zu und hielt dies bis 2004 mit fünf seiner sieben Titel bei. In dieser Zeit nahmen unter anderem auch das Team des kürzlich verstorbenen Eddie Jordan und Williams mit BMW-Motoren an der Formel 1 teil.

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Wie heißt der bis heute letzte Fahrerweltmeister in einem Ferrari-Formel-1-Auto? Nein, tatsächlich ist es nicht Michael Schumacher. 2007 schaffte es Kimi Räikkönen im allerletzten Rennen der Saison die Führung in der Endwertung zu erreichen. Seither fährt die Scuderia diesem großen Moment hinterher. Neben dem meiner Meinung nach schönsten F1-Rennwagen (siehe weiter oben) steht in der Sonderausstellung auch eines der eher unglücklich gestalteten Fahrzeuge, was jedoch in dieser Zeit dem Reglement geschuldet war. In der Saison 2012 fuhr Michael Schumacher mit dem Mercedes-AMG F1 W03 seine letzten Rennen in der Formel 1. Die stufenförmige Frontpartie und die merkwürdig flache Hochnase lassen das Auto unharmonisch wirken. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht absehbar, dass das Mercedes-AMG-Team kurz darauf eine siebenjährige Siegesserie mit sechs Titeln für Lewis Hamilton und einem für Nico Rosberg beginnen sollte. Das 2019er Fahrzeug von Hamilton steht als Leihgabe von Mercedes hier in der Ausstellung und erinnert durch das rot lackierte Halo-Sicherheitssystem am Cockpit an den in jenem Jahr verstorbenen Niki Lauda.

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Neben der neuen Sonderausstellung lohnt sich natürlich auch ein Rundgang durch die Dauerausstellung des Nationalen Automuseums. Hier tauscht das Team regelmäßig Exponate aus, um den Besuch spannend zu halten. Aktuell stehen viele Fahrzeuge aus der letzten Sonderausstellung „Ferrari“ hier und auch im überdachten Freigelände außerhalb der Halle.

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Allen Lesern, die es zeitlich und finanziell einrichten können, kann ich weiterhin den Besuch im hessischen Dietzhölztal wärmstens ans Herz legen. Durch die hauseigene App und das freie WLAN im Museum kann man sich über die Exponate bestens informieren. Hinzu kommt das kleine Kino mit bequemen Sitzen, in dem Eckhard Schimpf, Initiator von Jägermeister Racing, die Fahrzeuge in Kurzfilmen beschreibt. Und viele der gezeigten Autos haben wirklich bemerkenswerte Geschichten mit in die Provinz gebracht. Lassen Sie sich überraschen.

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Bilder: Matthias Kierse