Aston Martin DB4 Prototyp DP114/2

Wer heute an klassische Aston Martin denkt, hat wohl häufig sofort den silbernen DB5 von James Bond vor Augen. Doch es gibt noch zahlreiche weitere begehrenswerte Sammlerfahrzeuge. Beispielsweise den Vorgänger DB4. Bei RM Sotheby’s kommt im Rahmen der Auktion am Cliveden House im Juli der einzige noch erhaltene Prototyp dieser Baureihe unter den Hammer. Dieser trägt das interne Kürzel DP114/2 und erhielt 1957 eine völlig eigenständig gestaltete Karosserie, die nur wenige optische Berührungspunkte mit dem späteren Serienauto aufzeigt. Während beim Prototyp noch die Entwickler von Aston Martin selbst zum Einsatz kamen, ging letztlich ein Entwurf von Touring aus Italien in Serie. Nachdem der Wagen nicht mehr für die Entwicklung benötigt wurde, nutzte die Frau von David Brown, dem damaligen Chef von Aston Martin Lagonda, diesen Prototyp einige Jahre als Alltagsauto. Übrigens steht das Kürzel „DB“ für die Initialen des einstigen Firmenchefs, während „DP“ einen Development Prototypen kennzeichnete.

  • Screenshot
  • Screenshot
  • Screenshot

Die Vorbereitungen für den DB4 begannen bereits 1954 mit Arbeiten an einem komplett neuen Chassis mit modifizierter Radaufhängung des DB Mk III. Zwei Jahre später stand der erste Prototyp namens DP114 auf seinen Rädern, wurde getestet und anschließend verschrottet. Dieses Schicksal erleiden die allermeisten Prototypen – selbst heute noch. Umso erstaunlicher ist es, dass der zweite Prototyp DP114/2 heute noch existiert. Im Vergleich zum DP114 kommt hier eine Querlenkervorderachse und eine de-Dion-Hinterachse zum Einsatz. Die hauseigene Karosserie aus der Feder von Designer Frank Feeley erwies sich als wenig verwindungssteif. Daher wandte sich die Entwicklungsabteilung damals an Touring in Italien, wo DP114/2 inklusive des neu entwickelten Chassis bei ersten Testfahrten direkt durchfiel. Die Italiener gaben stattdessen einen klassischen Plattformrahmen in Auftrag, auf dem die neue Karosserie des DB4 schließlich entstehen konnte. Bevor der Prototyp ebenfalls zerstört werden konnte, intervenierte Ms. Brown und übernahm das Unikat aus dem Firmenbesitz.

  • Screenshot
  • Screenshot

Laut Werksunterlagen zeigte sich das Fahrzeug bei seiner Erstzulassung am 23. August 1957 in Weiß mit blauem Dach und blauer Innenausstattung. In Anlehnung an die Firmenfarben eines britischen Eisfabrikanten erhielt der Prototyp daher den Spitznamen „Walls Eiswagen“. Motor und Getriebe entstammten dem Vorgängermodell DB Mk III. Das Unikat blieb bis 1962 im Besitz der Familie Brown. Anschließend folgten ein Mr Sarant und 1966 Group Captain William Dennis David vom britischen Verteidigungsministerium. Anfang der 1970er hatte sich bei diesem einzigartigen Sportwagen ein Wartungsstau ergeben, weshalb der ehemalige Aston Martin-Angestellte Ivor Howells lediglich £ 600 für den Wagen bezahlen musste – auch wenn das zur damaligen Zeit mehr Gegenwert war als heute. Vom Aston Martin-Händler in Dorset erhielt er einen Teilekatalog, eine Reparaturanleitung sowie eine Kopie der originalen Auslieferungsliste dieses Autos und begann 1977 damit, den Sportwagen in zweijähriger Arbeit komplett zu restaurieren. Anschließend besuchte er diverse Klassikerveranstaltungen wie die Knebworth House Classic Motor Show oder den Newport Pagnell Concours im Jahr 1980.

  • Screenshot
  • Screenshot
  • Screenshot
  • Screenshot
  • Screenshot
  • Screenshot
  • Screenshot

Aus heutiger Sicht schier unglaublich erscheint, dass der folgende Besitzer James Joseph Murray das Unikat für Motorsportzwecke umbauen ließ. Von der Motorsportbehörde FIA erhielt er schließlich eine Zulassung für die Prototyp GT-Kategorie. 1988 gewann er seine Klasse beim ersten Pirelli Classic Marathon und bei den Bridgend Ford Directors Rally Stages. Anschließend verkaufte er das Auto, das vom Folgebesitzer 1989 in der Pirelli Classic-Rennserie eingesetzt wurde, bevor Aston Martin den Prototyp zurückkaufte. Ab 1990 erfolgte bei Aston Martin Works eine fünfjährige, umfassende Restaurierung von DP114/2. Nach der Präsentation auf einigen Oldtimermessen verkaufte man das Fahrzeug an seine Eminenz Scheich Nasser Mohamed Al-Ahmed Al-Sabah, der den Sportwagen 2005 erneut zu Aston Martin Works brachte. Diesmal erhielt das Unikat seine heute noch sichtbare Lackierung im Farbton ‚Almond Green‘ in Kombination mit der grünen Lederausstattung innen. Zusammen mit der Überarbeitung des Bremssystems und der Federung summierte sich der Rechnungsbetrag auf £ 35.000. Unter der Motorhaube von DP114/2 arbeiten bis heute der erste Motor und das erste Getriebe. Bei der Auktion in Großbritannien liegt der Schätzpreis zwischen £ 385.000 und £ 425.000.

Bilder: Ebrahim Alawadhi für RM Sotheby’s