In diesem Jahr feiert BMW die Gründung der Motorsport-Abteilung vor 50 Jahren. Ursprünglich sollten hier ausschließlich Tourenwagen, Formel-Autos und andere Rennfahrzeuge entstehen, doch schon bald begann der Techniktransfer in den Serienautomobilbau. Zudem machten es neue Regularien in einigen Motorsportkategorien nötig, dass bestimmte Homologationsauflagen erfüllt werden mussten. Hierfür brauchten die Hersteller oftmals Sondermodelle oder sogar eigenständige Homologationsserien mit Straßenzulassung. In der BMW Motorsport GmbH (erst 1993 erfolgte die Umbenennung auf M GmbH) träumten zudem einige Ingenieure von einem Mittelmotorsportwagen. Ausgangspunkt dieser Gedanken war der 1972 präsentierte BMW Turbo, eine Konzeptstudie mit Vierzylinderturbomotor und Flügeltüren. Diese blieb trotz des Aufbaus eines zweiten Exemplars im Prototypenstatus hängen, obwohl es mehr als genug Kundenanfragen gab.



Diese Kundenanfragen sorgten jedoch in der Geschäftsleitung von BMW für ein Umdenken zugunsten eines hauseigenen Sportwagens. Paul Bracq, der als Chefdesigner auch das Turbo Concept gestaltet hatte, wurde mit dem Styling des neuen Projekts betraut. Entsprechend verwundert es nicht, dass er einige Details seines Urentwurfs wiederverwendete. Aufgrund diverser weiterer Projekte übergab er die finale Gestaltung an das Team von Italdesign unter Giorgio Giugiaro. Hier erhielt der M1, wie der Mittelmotorsportwagen heißen sollte, eine etwas sachlichere Form ohne Flügeltüren. Aus der Großserie stammten lediglich die Rückleuchten vom 6er Coupé sowie gleich zwei BMW Logos am Heck. Die Gesamtleitung über das Projekt hielt Jochen Neerpasch in seinen Händen. Da niemand bei BMW größere Erfahrung im Bau mit Mittelmotorsportwagen aufweisen konnte, ging man 1976 eine strategische Partnerschaft mit Lamborghini ein. Sie sollte neben der Entwicklung des Chassis und Gitterrohrrahmens unterhalb der Karosserie auch den Bau der Prototypen und die spätere Serienfertigung umfassen. Für Lamborghini ein willkommener Geldsegen, da es der italienischen Sportwagenmanufaktur zu jener Zeit finanziell eher schlecht erging. Durch die Produktion des neuen BMW M1 hätte man in Sant’Agata die Fertigung deutlich besser auslasten können. Neben der Straßenversion war von Anfang an auch eine Rennvariante für die Gruppe 5 eingeplant. BMW wollte in Rennserien wie der Deutschen Rennsport Meisterschaft (DRM) weiterhin gegen Größen wie Porsche und Ford antreten. Hierfür brauchte BMW in kürzester Zeit 400 Straßensportwagen, um die Zulassung für die Rennversion zu erhalten.


Letztlich erwiesen sich die finanziellen Schwierigkeiten, in denen sich Lamborghini befand, als größer als BMW sie eingeschätzt hatte. Lieferanten verzögerten Teilelieferungen und auch die Mitarbeiter verlangten Lohnnachzahlungen. Als schließlich auch die Münchener auf die Anlieferung versprochener Prototypen warten mussten, war das Maß voll. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion überquerten im April 1978 einige Lastwagen die Alpen. Alle Teile, Pläne und sieben bereits angefertigte Fahrzeuge wurden aufgeladen und zur neu begründeten Firma Italengineering rund 15 Kilometer entfernt transportiert. Dort arbeiteten einige ehemalige Lamborghini-Mitarbeiter an der Fertigstellung des Projekts. Derweil liefen in München bereits die Telefondrähte heiß, auf der Suche nach einem neuen Fertigungspartner. Man fand Letzteren schließlich in der Firma Baur in Stuttgart. Alle Karosserieteile entstanden jedoch weiterhin in Italien bei Trasformazioni Italiana Resine und der Rahmen bei Marchesi. Anschließend sorgte Italengineering für die Verbindung dieser Komponenten, bevor die Rohkarossen zu Baur geschickt wurden. Diese Verzögerungen im Entwicklungsprozess sorgten jedoch leider dafür, dass der M1 bereits bei seiner Präsentation im Jahr 1978 zu spät dran war. Die Motorsportbehörde hatte die Regularien der Gruppe 5 verändert und erlaubten Mittelmotorautos wie den M1 nur noch in der Gruppe 4. Dort jedoch tummelten sich deutlich leistungsstärkere Fahrzeuge, wodurch der M1 von vornherein nicht konkurrenzfähig gewesen wäre. BMW stand also mit einem fertig entwickelten Sportwagen ohne Einsatzmöglichkeit im Motorsport da.


Hiermit wird es Zeit, den M1 einmal ein wenig im Detail zu betrachten. Unter dem aus Glasfaser-verstärktem Kunststoff hergestellten Karosseriekleid von Italdesign und Paul Bracq steckt ein von Gianpaolo Dallara entwickelter Gitterrohrrahmen. Direkt hinter den Passagieren beherbergt er einen Reihensechszylindermotor mit 3,5 Litern Hubraum, mechanischer Kugelfischereinspritzung von Bosch und Zündanlage von Magneti Marelli. Unter der Leitung von Paul Rosche entstand dieses 204 kW/277 PS starke Triebwerk bei der BMW Motorsport GmbH. Über ein manuelles ZF-Fünfgang-Getriebe gelangte die Kraft direkt auf die Hinterachse. In 5,6 Sekunden ging die Fuhre auf Tempo 100 und bei genügend freiem Auslauf weiter bis zur Höchstgeschwindigkeit von 262 km/h. Die Rennvariante erhielt eine deutliche Leistungssteigerung auf 345 kW/470 PS und diverse Spoiler nebst einem Heckflügel. Einige Jahre später folgte eine Motorenversion mit Turboaufladung und rund 626 kW/850 PS. Während die Gruppe-4-Variante nur mit mäßigem Erfolg eingesetzt werden konnte, sicherte sich BMW mit einem besonderen Coup weltweite Medienaufmerksamkeit. Im Rahmenprogramm der Formel-1-Weltmeisterschaften 1979 und 1980 fanden Rennen zur BMW-Procar-Serie statt. Diese nutzte die M1-Rennversion und bot neben einem festen Fahrerkader Fahrzeuge für die fünf trainingsschnellsten F1-Fahrer. 1983 homologierte BMW den M1 nachträglich zur Gruppe B, woraufhin einige Male Fahrzeuge bei internationalen Rallyeläufen auftauchten. Insgesamt entstanden 56 Rennversionen und 399 Straßensportwagen des M1.



RM Sotheby’s bietet in Kürze bei einer Autoauktion in München einen ganz besonderen BMW M1 an. Erstbesitzer war niemand anders als der damalige Chef der BMW Motorsport GmbH, Jochen Neerpasch. Er kaufte diesen Sportwagen 1980 zu seinem Abschied von BMW und konfigurierte diesen dafür eigens in Grau mit braunem Leder und schwarz-weiß gemustertem Stoff innen. Insgesamt verließen lediglich vier M1 das Werk in diesem Grau. Neerpasch behielt den Sportwagen bis zu seinem Eintritt in die International Management Group (IMG) 1983. Den Verkauf bezeichnet er bis heute als einen seiner größten Fehler. Die weitere Vita dieses Sportwagens umfasst einige Zeit beim M1-Experten Reinhard Kleißler, bei einem anderen Autosammler und schließlich wieder bei Herrn Kleißler. Vor einigen Jahren kaufte der heutige Besitzer das Auto und fügte es seinem kleinen Privatmuseum hinzu. Aufgrund der langen Standzeit muss der Höchstbietende nach der Auktion diverse Arbeiten durchführen lassen. Dennoch erwarten die Experten des Auktionshauses einen Zuschlagspreis zwischen 575.000 und 725.000 €.