Bis Mitte der 1950er Jahre produzierte Maserati ausschließlich Rennfahrzeuge. Einige davon konnten zwar für die Straße zugelassen werden, wirklich alltagstaugliche Sportwagen wurden sie durch ihre Kennzeichen jedoch nicht. Erst auf dem Genfer Autosalon 1957 debütierte mit dem 3500 GT erstmals ein speziell für Privatkunden entwickeltes Serienauto – 43 Jahre nach der Firmengründung! Während Maserati das Rohrrahmenchassis und die Antriebstechnik selbst entwickelte, entstand die Coupé-Karosserie bei Touring in Mailand. Bei der Weltpremiere stand zusätzlich ein Coupé mit Allemano-Karosserie auf dem Maserati-Stand. Dieses fiel jedoch in der Gunst der Messebesucher in Genf gegenüber dem Touring-Entwurf spürbar ab. Nur drei weitere Exemplare des 3500 GT erhielten die Allemano-Coupé-Karosserie. Daneben versuchten sich auch Bertone (ein Coupé), Boneschi (zwei Coupés), Moretti (ein Coupé) und Frua (vier Coupés) an dieser Plattform. Touring zeigte 1958 zwei Exemplare eines Spider-Variante mit unverändertem Radstand. Maserati vergab den Fertigungsauftrag für das offene Modell jedoch an Vignale, wo der Rahmen zwischen den Achsen um zehn Zentimeter verkürzt wurde. Weitere Spider und Spyder (beide Schreibweisen wechseln sich in der Literatur fröhlich ab) kamen von Pininfarina (ein Auto) und Frua (ebenfalls ein Auto). Das letztgenannte Fahrzeug ist heute unser Thema.
Dank Einzelradaufhängung vorn und Starrachse hinten war das Fahrverhalten des 3500 GT für seine Zeit durchaus gut. Ab den 1960er Jahren galt speziell die Hinterachskonstruktion mit Blattfedern jedoch zunehmend als veraltet im Vergleich mit Konkurrenzfahrzeugen. Anfänglich gab es ausschließlich Trommelbremsen rundum. Ab 1959 konnten für die Vorderachse Scheibenbremsen optional bestellt werden, die ein Jahr später zur Serienausstattung wurden. Unter der Motorhaube werkelte ein 3,5 Liter großer Reihensechszylindermotor mit drei Doppelvergasern, Doppelzündung und rund 220 PS. Diese Kraft gelangte über ein manuelles Getriebe mit vier (ab 1961 fünf) Gängen auf die Hinterräder. Späte Modelle konnten auf Wunsch auch mit einer Dreigang-Automatik von BorgWarner ausgerüstet werden.
Noch bevor Maserati offiziell die gemeinsam mit Vignale entwickelte Spider-Version vorstellte, hatte der italienische Hersteller einige unkarossierte Fahrgestelle an weitere Karosseriebauer geschickt. Frua in Turin beispielsweise erhielt insgesamt fünf Chassis und erstellte, wie oben bereits ersichtlich, vier Coupés und einen Spyder. Letzterer erhielt die Fahrgestellnummer AM101.268. Optisch orientiert sich das Fahrzeug so gut wie gar nicht am 3500 GT Coupé. Neben dem klassisch geformten Kühlergrill sitzen große verchromte Stoßstangenhörner. Die Blinkleuchten sind leicht in die Karosserie versenkt. Darüber befinden sich die runden Hauptscheinwerfer, deren Oberkante die Form der leicht aufsteigenden Kotflügel bestimmt. Seitlich hinter den Vorderrädern treten Luftauslässe zutage, deren Kanten durch Chromleisten betont werden. Am Heck endet der Frua Spyder mit angedeuteten Flossen und senkrecht stehenden Rückleuchten in Chromumrandungen. Das fertiggestellte Auto debütierte Ende 1958, erhielt jedoch wie der Touring-Entwurf nicht den Produktionszuschlag von Maserati. Optisch kann man das Auto jedoch als Vorläufer der von Frua karossierten Fahrzeuge vom Typ 5000 GT sehen.
Anstelle einer Serienfertigung erhielt der Maserati 3500 GT Spyder by Frua andere Ehren. Nach seiner Fertigstellung fuhren der Maserati-Cheftestfahrer Guerino Bertocchi sowie der deutsche Autojournalist Richard von Frankenberg den Wagen auf dem Autodromo di Modena probe. 1960 nutzte der französische Schauspieler Roger Pierre den Maserati für eine Szene seines Films „La Francaise er l’Armour“. Anschließend ging der Spyder an einen Privatbesitzer im französischen Eure. Dieser behielt ihn bis 1981 und verkaufte ihn dann an Bruno Bouvier in Evreux. Nach einer umfangreichen Restaurierung inklusive dem Einbau eines neuen 3500-GT-Triebwerks, den Herr Evreux direkt bei Maserati kaufte, stand der Spyder in Pastellgelb mit türkis-weißem Leder-Interieur da. Die Arbeiten wurden durch den nachfolgenden Besitzer Peter Garett aus Kent in Großbritannien beendet. Über Stationen bei Philippe Olczyk und Ben Huisman gelangte der 3500 GT zum Maserati-Sammler Alfredo Brener. Dieser ließ eine weitere Restaurierung inklusive Umlackierung auf Cremeweiß und neuem Leder in Rot durchführen. Nun kommt der einzigartige Spyder bei einer Auktion von RM Sotheby’s in London Anfang November unter den Hammer.