Fahrzeuge mit der Nummer 1 im Modellnamen haben bei McLaren einen besonderen Stellenwert. Bisher gab es zwei, nämlich den legendären F1, der Ende der 1980er Jahre unter Leitung von Gordon Murray entwickelt wurde, und den P1, der vor rund zehn Jahren ein Drittel der so genannten „Holy Trinity“ ausmachte. Kommendes Jahr folgt mit dem W1 der dritte Supersportwagen in diesem Zirkel. McLaren zeigte erste Bilder bereits vor rund zwei Wochen, doch manchmal müssen die Gedanken erst eine Runde schweifen und sich zu einer ungefähren Idee verfestigen. Für mich steht weiterhin fest, dass ich mir kein abschließendes Urteil zum W1 erlauben werde, bevor ich das Auto nicht mal irgendwo live gesehen habe. Ausgelöst durch die Premiere des direkten Konkurrenten Ferrari F80 muss ich aber eines direkt sagen: die neue Generation der „Hyper Cars“ trifft nicht mehr meinen Designgeschmack und wird daher auch nicht den Weg in meine Modellauto-Collection finden.
Natürlich entdeckt man in der direkten Gegenüberstellung von W1 und P1 diverse Designmerkmale, die übernommen wurden und die auch sonst fest zur McLaren-Design-DNA gehören. Allerdings wirkt der Neuling für mich beinahe ebenso radikal-überzeichnet wie zuvor bereits der Senna. Während F1 und P1 im Stillstand neben ihrer Sportlichkeit auch eine stille Eleganz ausstrahlen, zeigt sich der W1 deutlich aggressiver. Dadurch unterstreicht er jedoch auch optisch den konsequenten Leichtbau, der unter anderem mittels der Verwendung von Kohlefaser betrieben wurde, um das Fahrzeuggewicht auf 1.399 Kilogramm zu drücken. Zudem kann man bereits beim stehenden Auto erahnen, dass die Aerodynamiker im McLaren-Stammsitz in Woking Überstunden eingelegt haben dürften, um den W1 mittels gezielt generiertem Abtrieb bestmöglich an den Asphalt zu pressen. Hierfür kommt unter anderem von der Formel 1 inspirierte Bodeneffekt-Aerodynamik zum Einsatz. Zudem senkt sich der W1 im Race-Modus vorne um 37 und hinten um 17 Millimeter ab, um den Fahrtwind unter dem Fahrzeug durch den geringeren Abstand noch mehr zu beschleunigen und in Kombination mit den anderen Aerodynamik-Elementen wie dem 300 Millimeter nach hinten ausfahrbaren Active-Long-Tail-Spoiler bis zu 1.000 Kilogramm Abtrieb bei Höchstgeschwindigkeit zu erzeugen.
In der Beschleunigung aus dem Stand auf Tempo 300 übertrumpft der neue McLaren W1 sogar seinen indirekten Vorgänger, den Speedtail. Weniger als 12,7 Sekunden sollen laut Datenblatt für diese Übung vergehen. Auf dem Handlingkurs im italienischen Nardò knüpft der neue Supersportwagen dem Senna drei Sekunden pro Runde ab. Die Höchstgeschwindigkeit ist elektronisch auf 350 km/h limitiert. Möglich macht das alles unter anderem der komplett neu entwickelte V8-Verbrennungsmotor mit Biturbo-Aufladung, der intern MHP-8 genannt wird. Er bringt es auf 233 PS pro Liter Hubraum, womit insgesamt 928 PS bereitstehen, und dreht bis zu 9.200 U/min schnell. Hinzu kommt ein leistungsstarkes E-Modul, das den Elektromotor und die Steuereinheit gewichtsreduzierend kombiniert und weitere 347 PS bereitstellt. Damit liegt die offizielle Systemleistung des McLaren W1 bei 1.275 PS und 1.340 Newtonmetern Drehmoment, der höchsten Leistung, die ein straßenzugelassener McLaren ab Werk jemals hatte. Die Kraftübertragung übernimmt ein Achtgang-Getriebe mit elektrischem Rückwärtsgang.
Wie bei McLaren üblich nahmen sich die Designer und Techniker viel Zeit, um die Ergonomie und die Sicht auf die Straße bestmöglich zu gestalten. Die beiden Sitzschalen sind fest mit dem neu entwickelten Aerocell-Monocoque verbunden und nicht verstellbar. Stattdessen lassen sich Lenksäule, primäre Bedienelemente und Pedalerie an die Größe des Fahrers anpassen. Für die Farbgestaltung des Cockpits gibt es dank der hauseigenen Individualisierungsabteilung MSO ebenso wenig Einschränkungen wie für die Lackfarben außen. Hierfür entstand mit McLaren InnoKnit zudem ein neues, maßgeschneidertes Innenraummaterial, das auf Wunsch Verwendung findet.
Insgesamt entstehen lediglich 399 Exemplare des McLaren W1. Das sind 24 mehr als beim P1, aber immerhin volle 400 weniger als vom Ferrari F80. Zudem liegt der Grundpreis mit zwei Millionen britischen Pfund inklusive britischer Steuern deutlich unter dem der Italiener.
Bilder: McLaren