In jedem Jahrzehnt kommt einmal der Zeitpunkt, an dem Ferrari einen neuen Supersportwagen zeigt. Einzig am Anfang dieser Tradition ist ein kleiner Bruch in dieser Zeitleiste, da der 288 GTO und der F40 innerhalb des gleichen Jahrzehnts debütierten. Wie bei allen Modellreihen der italienischen Marke gibt es leider keine erkennbare Struktur in der Benennung. Auf 288 GTO und F40 folgten F50, Enzo und LaFerrari. Betrachtet man die beiden letztgenannten als F60 und F70, so passt der nun präsentierte Neuling jedoch wieder in die Reihe, denn er heißt schlicht F80. Während alle fünf bisher gebauten Spitzenmodelle jeweils auch leistungstechnisch die Speerspitze im Programm aus Maranello einnahmen, ist dies beim F80 tatsächlich nur denkbar knapp gelungen. Grund dafür ist die voranschreitende Hybridisierung bei Ferrari, die auch den kleineren Fahrzeugen extreme Leistungsdaten ermöglicht.
Zudem nutzt Ferrari beim F80 erstmals in einem Supersportwagen einen V6-Biturbomotor anstelle der bisher gewohnten V8-Motoren (288 GTO und F40) oder der V12-Triebwerke (F50, Enzo und LaFerrari). Eine interessante Entscheidung vor dem Hintergrund, dass der hauseigene SUV (der nicht als solcher bezeichnet werden soll) Purosangue weiterhin mit einem Zwölfzylinder erhältlich ist. Ferrari begründet dies mit den aktuellen Antrieben in der Formel 1 und in der Sportwagen-Langstreckenweltmeisterschaft WEC. Wie bereits beim LaFerrari kommt der F80 mit einem Hybridantrieb, kombiniert also den Verbrenner mit einem zusätzlichen Elektrokonzept. Erstmalig kommen E-Turbolader zum Einsatz, bei denen zwischen Turbine und Verdichter des normalen Turbos zusätzliche Elektromotoren montiert sind, um im unteren Drehzahlbereich zusätzlichen Ladedruck zu generieren. Als Systemleistung stehen 883 kW/1.200 PS im Datenblatt. Dreiviertel der Pferdestärken liefert der V6 allein. Ferrari verspricht eine Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h und eine Spurtzeit aus dem Stand auf Tempo 100 in 2,15 Sekunden sowie auf 200 in 5,75 Sekunden. Die Kraftübertragung des Verbrennungsmotors übernimmt ein Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe.
Gerüchteweise wollte Ferrari den F80 ursprünglich noch näher am WEC-Rennwagen 499P positionieren und hierfür sogar den Beifahrerplatz einsparen. Dadurch wäre es möglich gewesen, die Glaskanzel für den Passagierraum noch schmaler zu halten. Offenbar gab es jedoch genug Gegenstimmen – sowohl intern als auch von befragten VIP-Kunden – sodass der F80 nun doch mit zweitem Sitz auf die Straßen rollte. Streng genommen ist dies aber kein richtiger Sitz, sondern am Carbon-Monocoque befestigte Polster, die wahlweise mit Dreipunkt- oder Sechspunktgurt ausgestattet sind. Auf der Fahrerseite sieht dies etwas anders aus. Hier gibt es einen verstellbaren Schalensitz und ein auf den Piloten ausgerichtetes Cockpit. Der Beifahrer ist leicht hinter dem Fahrerplatz untergebracht. Hierdurch erreichte man ein immerhin etwas schmaleres Interieur im Vergleich zu herkömmlichen Supersportwagen.
Die Optik der Karosserie ist für ein Fahrzeug der 2020er Jahre ungewohnt kantig und eckig. Etwas ungewohnt erscheint dabei das stets in schwarz gehaltene breite Band zwischen den LED-Scheinwerfern. Die schmetterlingsartig nach vorn und oben öffnenden, bis weit ins Dach reichenden Türen kennt man bereits in ähnlicher Form von Enzo und LaFerrari. Neu für ein Mitglied der Supersportwagenriege aus Maranello ist der konsequente Verzicht auf eine Heckscheibe zugunsten von großen Entlüftungsöffnungen und einer Rückfahrkamera, die den Innenspiegel ersetzt. Somit entfällt der seit dem F40 gewohnte Blick auf das Triebwerk beim parkenden Fahrzeug. Wie üblich verspricht Ferrari die bestmögliche Aerodynamik in Kombination mit reichlich durch den Fahrtwind erzeugtem Abtrieb. Bei 250 km/h sollen der Dreideckerflügel vorn, der S-Duct vor der Windschutzscheibe, der flache Unterboden mit Heckdiffusor und der aktive Heckflügel gemeinsam rund 1.050 Kilogramm Anpressdruck generieren. Hierbei hilft auch das aktive Fahrwerk mit, das den F80 bei hohen Geschwindigkeiten näher zum Asphalt holt, um den sogenannten Bodeneffekt zu erhöhen.
Insgesamt sollen 799 Exemplare des neuen Ferrari F80 entstehen. Damit nimmt er im Gesamtbild der nun sechs Supersportwagen aus Maranello den zweiten Platz hinter dem F40 (1.337) und knapp vor dem LaFerrari (offiziell 499 Coupés und 209 Aperta) ein, wenn es um die meistgebauten Exemplare geht. Zum Preis machte Ferrari zwar keine offiziellen Angaben, im Netz kursiert jedoch die Summe von vier Millionen US-Dollar (aktuell rund 3,696 Millionen Euro). Wer möchte, kann anhand des Online-Konfigurators ein wenig träumen. Diesen findet ihr hier.
Bilder: Ferrari