Vor etwas über einer Woche ging es für mich zur Retro Classics nach Stuttgart und damit auf die dritte Automesse nach dem Tod meines größten Fans. Auch die schwäbische Traditionsveranstaltung verliert in Kürze eine wichtige Person. An der Spitze der Retro Messen GmbH verabschiedet sich das Vater-Sohn-Gespann der Familie Herrmann. Eine Nürnberger Messegesellschaft übernimmt das Ruder. Umso interessanter wird es sein, die weitere Entwicklung zu beobachten. In den Stuttgarter Messehallen war von diesem Verkauf noch nichts zu spüren. Allerdings fiel wie im Vorjahr auf, dass man nach der Corona-Pause immer noch nicht wieder auf die alte Größe zurückkommt, für die alle verfügbaren Hallen benötigt wurden.
Trotzdem waren die sieben belegten Hallen gut gefüllt. Verglichen mit manchen anderen Ausgaben war die Anzahl automobiler Highlights je nach persönlichem Geschmack etwas kleiner. Und doch stachen ein paar Exponate klar heraus. Im Atrium am Eingang Ost belegte ein heimischer Hersteller die Sonderausstellungsfläche. Anlass war das 75-jährige Firmenjubiläum von Porsche Sportwagen, das mit sieben besonderen Autos und dazugehörenden Personen zelebriert wurde. Neben dem vor fünf Jahren angefertigten Showcar des 356 „Nr. 1“ Roadster, einem 911 2.0 Targa, einem 911 (996) GT3 Cup und dem 918 Spyder Concept standen dabei ein rarer 356 SL, ein 956 und ein jüngst mechanisch restaurierter 959 von der Rallye Paris-Dakar im Mittelpunkt des Interesses.
Die große Messehalle 1 war wie immer voller unterschiedlicher Aussteller. Angefangen bei Rennfahrzeugen vom Schlage Porsche 917 K reichte das Angebot über diverse Autos aus dem Messingzeitalter bis hin zu neuesten Supersportwagen. Raritäten ließen sich ebenfalls finden. Wann sieht man beispielsweise in Deutschland mal einen TVR Sagaris? Aber auch ein Peugeot 205 T16 aus der Gruppe-B-Ära oder ein Alfa Romeo GT Veloce konnten bestaunt werden. Natürlich gab es den in Stuttgart typischen Überfluss lokaler Produkte aus den Häusern Porsche und Mercedes-Benz auch im Jahr 2023.
Besonderes Interesse fand der offizielle Porsche Stand an gewohnter Stelle in Halle 1. Hier setzte sich das Jubiläumsmotto „Driven by Dreams“ mit fünf weiteren Fahrzeugen und zahlreichen Zeitzeugen weiter fort. Neben einem 356 Coupé von 1953 und einem 550 A Spyder glänzte ein 911 Carrera S der Baureihe 991 im Scheinwerferlicht. Dieses dunkelgrüne Exemplar war der einmillionste 911, der je vom Produktionsband gerollt ist. Mit einem McLaren MP4/2 TAG Porsche und einem aktuellen Mission R Concept zeigten die Zuffenhausener zudem Geschichte und eventuelle Zukunft des Motorsports.
Eines der teuersten Ausstellungsstücke brachte die SML CarGroup mit. Vom Mercedes-Benz CLK GTR entstanden ab 1998 lediglich 20 Coupés und sechs Roadster. Dazu kommen noch einige wenige Prototypen, von denen vermutlich nur dieser eine Wagen jemals in Kundenhände gelangt ist. Gemeinsam mit einem Ferrari F40 und einem Ferrari 250 GT Lusso bereicherte er den Stand in Halle 1. Aus den Technikmuseen Sinsheim und Speyer rollten ebenfalls tolle Exponate auf die Retro Classics. Darunter befanden sich ein Packhard-Bentley mit gewaltigem Triebwerk und ein Porsche 911 (964) Carrera RSR 3.8.
Beinahe ein wenig enttäuschend fiel aus meiner Sicht der diesjährige Messeauftritt von Mercedes-Benz aus. Wenn man die Clubflächen drumrum abzieht, blieben lediglich zwei Fahrzeuge aus dem Werksbestand übrig. Dabei handelte es sich um eine Replik des Patent-Motorwagens, auf dem die Besucher für Fotos Platz nehmen durften, sowie ein rollbares Chassis des 300 SL Flügeltürers. Aus früheren Jahren war man hier deutlich mehr gewohnt. Deutlich interessanter zeigte sich ein frisch restaurierter Lamborghini Urraco S. Zudem fanden sich auf der Messe gleich zwei von lediglich 153 gebauten Artega GT und ein fast ebenso seltener Mazda Cosmo Sport. Direkt am Eingang Ost und damit am Ende meines Rundgangs zeigte Aston Martin Stuttgart einen nagelneuen Valkyrie AMR Pro. Dass es von diesem Hyper-Rennwagen eine fast ebenso wilde Straßenversion gibt, die tatsächlich zulassungsfähig ist, fällt beim Betrachten der Aerodynamikdetails immer wieder aufs Neue schwer zu glauben.
Bilder: Fabian Kierse, Matthias Kierse