The Beast

Es gibt ein paar Autos weltweit, um deren reine Existenz sich Mythen ranken. Zum Teil handelt es sich um Einzelstücke, die vom jeweiligen Hersteller nie öffentlich präsentiert wurden. Einen anderen Bereich behandeln jedoch privat aufgebaute Wagen, die mit viel Herzblut und Ingenieursleistung auf die Räder gestellt wurden. Einer davon ist „The Beast“ aus Großbritannien. Erbaut Anfang der 1970er Jahre durch John Dodd erreicht dieses Auto mühelos einige Superlative. Das rollfähige Chassis entstand sogar ab 1966. Allein die pure Länge des Radstands und damit auch des gesamten Autos ist beeindruckend. Dodd wollte aber nicht einfach aus einer Laune heraus ein besonders langes Fahrzeug bauen, diese Länge war nötig.

TheBeast_1TheBeast_2TheBeast_3
Der Grund dafür findet sich unter der ellenlangen Motorhaube. Hier verbirgt sich im geschlossenen Zustand ein 27 Liter großer Rolls-Royce Merlin V12-Flugmotor vor den Augen der Betrachter. Hierfür entwickelte und baute John Dodd eigens ein Getriebe, um die enorme Kraft an die Hinterachse senden zu können. Als technisch alles fertig war schickte er das Chassis an die Firma Fibre Glass Repairs am Santa Pod Raceway, um eine glasfaserverstärkte Kunststoffkarosserie anfertigen zu lassen. Als kleinen Hinweis auf das Triebwerk erhielt der Wagen einen Kühlergrill und eine Kühlerfigur von Rolls-Royce. 1977 erhielt The Beast einen Eintrag im Guinness Book of Records als damals stärkstes Automobil mit Straßenzulassung. Kein Wunder, immerhin bringt es der Merlin-V12 auf geschätzte 750 PS. Bereits 1973 testete die britische Organisation RAC den Wagen und ermittelte eine Höchstgeschwindigkeit von 173 mph (278 km/h).
TheBeast_4
TheBeast_5
Das Fahrzeug tourte in den 1970er und 1980er Jahren viel durch Europa von einem Autotreffen zum nächsten. Vielfach fuhr John Dodd dabei auf Achse zu den Veranstaltungen. Auf einer Heimfahrt aus Schweden entzündete sich etwas im Motorraum. Das Feuer beschädigte das Triebwerk und Teile der Karosserie. Durch die Reparatur erhielt The Beast zeitweise einen Kühlergrill von einem Rolls-Royce Silver Shadow sowie den noch heute verbauten Merlin-Motor. Kurz darauf folgte ein Rechtsstreit mit Rolls-Royce, der nicht nur die Verwendung des Kühlergrills und der Kühlerfigur umfasste, sondern auch die Verwendung des Markennamens in den Fahrzeugpapieren. Obwohl John Dodd diesen Prozess verlor führen letztere das Fahrzeug bis heute als Rolls-Royce. An der Frontpartie nahm er dennoch diverse Modifikationen vor, durch die eine Verwechslungsgefahr mit Limousinen des britischen Edelherstellers ausgeschlossen ist.
TheBeast_6
TheBeast_7
John Dodd zog nach Spanien um und nahm The Beast dorthin mit. Tatsächlich soll er den kraftvollen Wagen immer wieder im Alltagsverkehr bewegt haben. Eine nicht ganz einfache Prozedur, immerhin muss allein für den Startvorgang des Flugtriebwerks eine Anzahl roter Kippschalter im Cockpit in der richtigen Reihenfolge bedient werden. Wie es sich anfühlt mit The Beast durch eine Stadt oder über Landstraßen zu rollen kann man John Dodd leider nicht mehr fragen. Er verstarb 2022 im Alter von 90 Jahren. Sein Lebenswerk, The Beast, steht ab heute für eine Woche beim britischen Auktionshaus Car & Classic zur Versteigerung bereit: https://www.carandclassic.com/auctions/1972-john-dodds-the-beast-8bEqL4.
TheBeast_8
TheBeast_9
Bilder: Car & Classic