An was für Fahrzeuge aus dem Hause Mercedes-Benz denken Sie beim Begriff „Youngtimer“? Ich muss für mich zugeben, dass ich im ersten Moment in der falschen Zeitachse angekommen bin und bei W 201 (190 E) und W 124 (E-Klasse) herauskam. Diese Fahrzeuge erhalten jedoch je nach Baujahr sogar bereits das deutsche H-Kennzeichen und gehören damit zu den Oldtimern. Youngtimer definieren sich jedoch eher in einem Altersbereich zwischen 15 und 25 Jahren. Mit anderen Worten handelt es sich also um Modellreihen wie den SLK, den CLS oder die R-Klasse, die hier in Betracht kommen.
Bereits seit Mitte April und noch bis zum 2. November stehen auf Ebene C5 des Mercedes-Benz Museums in Stuttgart zehn Klassiker, die nach Einschätzung der Kuratoren den Titel „Youngtimer“ verdienen. Umgeben sind sie von diversen Mode-Details und Accessoires der späten 1980er bis frühen 2000er Jahre. Hinzu kommen farbenfrohe Poster, die erstmals in der Geschichte des Markenmuseums computergeneriert entstanden sind. An einer Station kann man ein klassisches Arcade-Rennspiel antesten, an einer anderen mit KI-Hilfe eigene Songs im 90er-Jahre-Stil erstellen. Bereits auf dem Weg in den Ausstellungsbereich sorgt eine lange Glasvitrine für die passende zeitliche Einstimmung.
Ein elftes automobiles Exponat der Sonderausstellung steht bereits auf dem Fußweg vom Parkhaus zur Museumskasse. Die 1999 entstandene A-Klasse in quietschigem Grün entpuppt sich spätestens beim zweiten Blick als ganz besonderes Unikat. Bereits damals arbeitete man bei Mercedes-Benz an einer Hybridversion des Einstiegsmodells und ließ daher die Konzeptstudie A-Klasse HyPer entstehen, deren Zusatzname ein Wortspiel aus Hybrid und Performance ist. Optisch erinnert der Wagen durch die AMG-Schürzen und die verbreiterten Radhäuser rundum stark an den A 38 AMG. Hier steckt jedoch unter der vorderen Haube der Turbodieselmotor aus dem A 170 CDI mit 90 PS und an der Hinterachse ein Elektromotor mit weiteren 35 PS. Was nach wenig klingt brachte damals bereits eine Verbesserung der 0-100-Spurtzeit um gute fünf Sekunden im Vergleich zum Serienmodell A 170 CDI. Der HyPer schaffte diese Aufgabe in glatten acht Sekunden.
Während zu Fahrzeugen wie dem CL 600 der Baureihe C 215, dem allerersten CLS, dem beinahe schon legendären SL (R 129) oder auch dem Vision R-Klasse wenig zu beanstanden ist, stellt sich bei zwei gezeigten Autos schon ein wenig die Frage, ob es wirklich noch Youngtimer sind. Denn hier sind sie tatsächlich, die Baureihen W 201 und W 124. Gut, man muss den Kuratoren zuerkennen, dass sie die potentesten Bewerber aus den beiden, an Varianten jeweils nicht armen Reihen herausgesucht haben. Es handelt sich immerhin um einen E 500 Limited und einen 190 E Evolution II, das Homologationsfahrzeug für die damalige DTM. Im direkten Vergleich mit einem R 320 oder einem CLS wird jedoch der Generationenkonflikt nicht nur optisch deutlich.
Genau in den Zeitraum der wahren Youngtimer fällt bei Mercedes-Benz jene Zeit, in der die Affalterbacher Firma AMG immer dichter an die Automarke heranrückte. Erst wurden die getunten Fahrzeuge offiziell über das Händlernetz vertrieben. Schließlich folgte eine Komplettübernahme in mehreren Akten. Der zentral in der Sonderausstellung gezeigte E 60 AMG krönte damals die Vieraugen-E-Klasse der Baureihe W 210 – war jedoch nie offiziell in Prospektmaterialien der Baureihe aufgeführt. Dort fand sich jedoch der E 50 AMG, den Mercedes-Benz Classic während meines Besuches im Foyer des Museums ausstellte. Beide Fahrzeuge eint, dass sie aus heutiger Sicht wahre Wölfe im Schafspelz sind. Wären die großen AMG-Leichtmetallräder nicht, man könnte beinahe übersehen, was hier für hochpotente Limousinen stehen.
Die Sonderausstellung kann nur als Bestandteil des ganzen Museums besucht werden. Dieses hat dienstags bis sonntags von 9:00 bis 18:00 Uhr geöffnet. Tickets für Erwachsene kosten 16 €.
Bilder: Matthias Kierse