Am vergangenen Wochenende fanden die beliebten Classic Days statt. Zum zweiten Mal ging es dabei in den „Green Park“ in Düsseldorf anstelle des früher gewohnten Geländes rund um das Wasserschloss Dyck nahe Neuss. Dieser Umzug wurde im Vorjahr kontrovers diskutiert, hat sich jedoch aus meiner Sicht mehr als gelohnt. Das Gelände – eigentlich ein großer Parkplatz der Messe Düsseldorf – ist übersichtlicher, aber durch seine Bepflanzung und die Abgeschiedenheit nicht als schnöder Abstellort für Besucher zu erkennen. Stattdessen vermutet man manchmal, irgendwo weit außerhalb einer Großstadt zu sein – wären da nicht die konstant über die Köpfe schwebenden Flugzeuge. Auch für Normalbesucher ist seit dem Ortswechsel eine Verbesserung der Parkplatzsituation spürbar, da man nicht mehr wie früher auf abgeernteten Stoppelfeldern und Wiesen weit außerhalb des Geländes parken muss.
Schon vor dem Eintritt in den „Green Park“ konnten erste Exoten in den Reihen der Besucherparkplätze gesichtet werden. Bereits direkt hinter dem Eingang bot sich am Samstag Vormittag ein buntes Bild, geprägt durch verschiedene Marken- und Modellclubs, zahlreiche Anbieter von mehr oder weniger mit dem Automobil verwandten Produkten sowie (wenigen) Autoherstellern und Verpflegungsmöglichkeiten. Von einem neuen Ford GT in Gulf-Farben ging es fast nahtlos weiter zu diversen amerikanischen Klassikern, inklusive der 70-Jahr-Feier für die Chevrolet Corvette, zu deren Ehre Exemplare aus jeder Modellserie angereist waren. Nochmals einige Meter weiter reckte ein Lamborghini Countach seine Scherentüren Richtung Himmel. Wer an stilvolle Inneneinrichtung für Zuhause dachte, konnte zudem passend zum Fahrzeug gestaltete Sitzmöbel erwerben. Als Beispiel zeigte der Anbieter einen Sessel im Stil des Porsche 911 (992) Targa Heritage Edition.
Auch ungewöhnliche Autogeschichten konnten entdeckt werden, wenn man genau hinsah. Hinter der Windschutzscheibe des knallgrünen Lombardi Grand Prix befand sich ein Zettel, der nicht nur beschrieb, dass sich dieses Auto von Anfang an in (inzwischen zweiter) Damenhand befand und befindet. Die Erstbesitzerin parkte den Zweisitzer überdies mehrere Jahrzehnte lang in ihrem Gästezimmer. Ein eher außergewöhnlicher Parkplatz. Dafür, dass Mercedes-Benz in diesem Jahr nicht als Hersteller auf den Classic Days vertreten war, fanden sich auf dem gesamten Gelände erstaunlich viele 300 SL Flügeltürer und Roadster. Doch auch der etwa gleich alte Volkswagen T1 konnte in zahlreichen Versionen begutachtet werden. Deutlich rarer war hingegen der Aston Martin DB6 Shooting Brake.
Ein völlig neues Feld und damit ein neues Publikum erschloss sich die Organisatoren durch die Inklusion des Themas „Klassiker und Tuning“. Manch ein Besucher mag über Tieferlegungen, Chromfelgen und bunte Lackierungen die Nase rümpfen, unter den Jüngeren herrschte jedoch durchaus Begeisterung. Um das weite Spektrum der Fahrzeuge auf dem Gelände der Classic Days verstehen zu können, genügt ein Blick auf die kommenden drei Bilder. Es reicht von seltenen Sportwagen wie dem De Tomaso Vallelunga über Vorkriegsfahrzeuge von Bugatti bis hin zu früheren Alltagsfahrzeugen wie dem Datsun Laurel, von dem mittlerweile vermutlich ähnlich viele im Straßenverkehr unterwegs sind, wie vom De Tomaso.
Auch Fahrzeuge, die zukünftig mit großer Wahrscheinlichkeit einen Klassikerstatus erhalten werden, sind bei den Classic Days gern gesehen. So hat der Wiesmann Club bereits seit vielen Jahren einen festen Platz auf der Clubwiese, ebenso wie der BMW Z1 Club. Immer wieder lohnte sich auch der Blick auf entlegenere Stellen der Club-Bereiche, um beispielsweise Exoten wie einen Aston Martin DB4 nicht zu verpassen.
Nur ein kleiner Teil des Düsseldorfer Messeparkplatzes ist komplett asphaltiert. Diesen nutzen die Classic Days konsequent zur Hälfte als Fahrerlager für Rennfahrzeuge. In großzügig dimensionierten Zelten standen ganz unterschiedliche Vor- und Nachkriegsautos zusammen.
Ein wichtiges Thema, das bei den Classic Days gefeiert wurde, war das 100-jährige Jubiläum der 24 Stunden von Le Mans. In einer Vorkriegs- und einer Nachkriegsklasse gingen Rennfahrzeuge mit Le Mans-Historie auf den Rundkurs, der einmal ums Fahrerlager und anschließend längs zwischen Veranstaltungsgelände und Besucherparkplätzen verläuft. Audi brachte einen R8R und einen R18 mit, die jeweils noch Reste des originalen Renndrecks trugen. Hinzu kamen Fahrzeuge wie ein Borgward Hansa 1500 RS, ein Ockelbo aus Schweden, der in den 1950er Jahren exakt einem Rennsportwagen von Ferrari nachgeformt wurde, oder auch die bereits oben gezeigten Ferrari 250 GT/L und 365 GTB/4 Daytona Competizione.
Zudem bot der Bereich auch Raum für den einen oder anderen klassischen Renntransporter und alte Lastkraftwagen mit historisch-korrekten Werbeaufschriften. Wann haben Sie zuletzt einen LKW von Borgward oder einen Lastzug von Eduscho gesehen?
Jahr für Jahr laden die Veranstalter mindestens ein ganz besonderes Auto ins Fahrerlager ein. 2023 war dies der Streamliner C-16 aus Spanien. Seine Erbauer erstellten ab 2017 überwiegend in Handarbeit einen Stromlinienrennwagen nach historischem Vorbild. Die Karosserie erinnert dabei ein wenig an den Mercedes-Benz W154 Rekordwagen von 1938. Vor dem unter einer kleinen Glaskanzel untergebrachten Fahrer rumoren allerdings zwei jeweils 4,1 Liter große Reihenachtzylinder-Triebwerke von Buick.
Weitere Raritäten im Fahrerlager waren beispielsweise ein Mercedes-Benz 220 S als Kombi oder ein gelber Lotus Esprit V8. Auf dem bereits erwähnten Rundkurs ging es derweil in verschiedenen Klassen und Kategorien rund. Vom flüsterleisen Elektro-Demolauf von Volkswagen (mit Elektro-Transporter, Elektro-Golf II, Elektro-Golf III und neuem ID.Buzz) ging es einmal quer durch die Geschichte des Automobils bis hin zu Vorkriegskonstruktionen. Auch Motorradfans kamen auf ihre Kosten. Im Gegensatz zum Dreieckskurs am Schloss Dyck, der für die Veranstaltungsbesucher immer nur zu einem Bruchteil einsehbar war, ist der Rundkurs am „Green Park“ zu annähernd 100 Prozent für Zuschauer sichtbar und sorgt damit für großes Interesse und Fotomöglichkeiten.
Ob kleiner Abarth-Fiat, konsequent offener Vorkriegs-Ford oder edler Bugatti – die Fahrzeuge auf der Rundstrecke konnten sich sehen – und oftmals auch hören – lassen. Durch das vielfältige Programm muss man sich als Besucher jedoch gut mit dem Zeitplan vertraut machen, um nicht eventuell genau die Fahrzeugkategorie zu verpassen, die von besonderem persönlichen Interesse ist. Allerdings fuhren die allermeisten Klassen zweimal am Tag. Dies konnte höchstens durch das ab Nachmittag instabile Wetter zum Problem werden. Genau diese Wetterlage sorgte leider am Sonntag auch für ein verfrühtes Ende der Classic Days. Eine amtliche Unwetterlage führte zur Aktivierung der Notfallpläne und damit zur raschen Räumung des Geländes. Am Ende blieb Düsseldorf zwar vom Unwetter verschont, doch wer möchte als Verantwortlicher schon gern ein großes Risiko für Besucher, Mitarbeiter und Beteiligte eingehen und sich gegen offizielle Warnungen stellen? Aus meiner Sicht war der Abbruch richtig.
Wer sich insgeheim fragte, wie man als Zuschauer denn das asphaltierte Fahrerlager erreichen konnte, wenn doch der Rundkurs einmal drumherum verlief: Es gab wie in den Vorjahren eine temporäre Fußgängerbrücke. Diese konnte bei wenig Andrang auch für schnelle Fotos der fahrenden Autos genutzt werden. Für Rollstuhlfahrer und Familien mit Kinderwagen gab es zudem eine Besucherschleuse, die in den kurzen Pausen zwischen den einzelnen Fahrzeugklassen geöffnet wurde.
Beim Blick durch die Bilder (vor allem durch die nun folgenden drei) fällt schnell auf, dass die Classic Days 2023 eine sehr hohe Dichte an Fahrzeugen aus dem Hause Bugatti aufwiesen. Aus gut unterrichteter Quelle wissen wir, dass bei besserer Witterung sogar noch mehr moderne Modelle vor Ort gewesen wären. Der Düsseldorfer Bugatti-Händler brachte einen Veyron, einen Veyron Grand Sport Vitesse WRC (das originale Geschwindigkeitsrekordauto von 2013), einen weißen Centodieci und das Showcar des La Voiture Noire mit. Über den Versicherungswert dieses Standes hüllen wir liebevoll den Mantel des Schweigens.
Neben Bugatti gab es nur wenige weitere Autohersteller, die in diesem Jahr offiziell auf den Classic Days vertreten waren. Genau genommen handelte es sich bei allen um Tochterfirmen des Volkswagen Konzerns. Škoda brachte in Kooperation mit dem ehemaligen Deutschen Rallyemeister Matthias Kahle einige Klassiker mit. Audi konzentrierte sich am eigenen Zelt auf das 150-jährige Jubiläum von NSU und VW selbst brachte unter anderem einen jüngst im ehemaligen Karmann-Werk in Osnabrück komplett restaurierten Typ 4 mit. Beim Händler Gottfried Schultz standen zudem einige Exponate aus dem Porsche Museum, um das 75-jährige Jubiläum der Zuffenhausener Sportwagenmarke zu feiern. Hoffentlich sind im kommenden Jahr wieder mehr Marken werksseitig in Düsseldorf vertreten. Ich werde auf jeden Fall dort sein.
Bilder: Matthias Kierse