Im April 2013 konnte noch niemand absehen, in welche Richtung sich die automobile Welt bis heute weiterentwickeln würde. Vor allem gab es noch keinen Anlass, am Sinn und Unsinn der Traditionsmarke Jaguar zu zweifeln, die erst kurz zuvor mit dem F-Type Roadster endlich wieder einen veritablen Sportwagen präsentiert hatte. Etwas unglaublich klingt es hingegen, dass drei Freunde und zugleich Journalistenkollegen sich im gleichen Zeitslot der F-Type Experience am Bilster Berg trafen und somit zeitgleich Bekanntschaft mit dem offenen Zweisitzer machen durften.
Dass Jaguar tatsächlich noch einmal einen Wagen ins Modellprogramm nehmen würde, der an die Sportwagentradition der 1940er bis 1970er Jahre anknüpfen würde, war lange Zeit nicht absehbar. Umso begeisterter waren wir, als der F-Type zuerst auf die Messebühnen und schließlich auf die Straßen rollte. Schnell meldeten wir uns unabhängig voneinander beim sogenannten F-Type Circle im Internet an und erhielten prompt Einladungen zum Bilster Berg. Die dortige Test- und Präsentationsstrecke hatte erst wenige Wochen zuvor offiziell eröffnet. Unser Interesse an Auto UND Strecke war also ungeteilt groß.

Kurz ein paar Worte zur Location, die auch heute, 2025, offenbar einigen Autofans in Deutschland immer noch unbekannt ist. Das Bilster Berg Drive Resort entstand auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz und Munitionsdepot in der Nähe von Paderborn. Treibende Kraft hinter dem Projekt war Markus Graf von Oeynhausen, der jedoch mit seinem Team anfänglich gegen viele Widerstände aus Politik und Anwohnern anlaufen musste. Die Strecke folgt der natürlichen Topografie des Geländes und alten Verbindungswegen, die natürlich neu geteert und verbreitert wurden. Auslaufzonen und Leitplanken wurden dabei selbstverständlich ebenfalls gesetzt. Im Gegensatz zu Nürburgring oder Hockenheimring werden am Bilster Berg keine Autorennen stattfinden. Dafür fehlt die Lizenz und der Betreiber möchte diese auch gar nicht haben. Man sieht sich als Veranstaltungsort für Trackdays, Fahrertrainings und Präsentations-Events – wie das von Jaguar im Eröffnungsjahr 2013, um das es hier weiterhin gehen soll.
Die F-Type Experience nutzte am Bilster Berg gezielt die Roadster-Variante des F-Type. Autofans werden wissen warum: 2013 gab es das Coupé nur als Konzeptstudie, aber noch nicht für den Endkunden. Der offene Wagen mit Platz für zwei stand in zwei Motorisierungen für Fahrten im Umland und auf der Strecke bereit. Wie bereits weiter oben beschrieben: dass wir drei Freunde (Oliver Kühlein, Michael Müller und meine Wenigkeit) zeitgleiche Slots bei dieser Veranstaltung erhalten hatten, darf als riesiger „Zufall“ gewertet werden. Soweit ich mich erinnere ging das gesamte Event nämlich über mindestens zwei volle Tage mit diversen Zeiträumen, die von den Interessenten angeklickt werden konnten.

Doch nun endlich zum eigentlichen Zweck des Artikels, der Fahrt im Jaguar F-Type. Während andere Modelle der Briten zum Zeitpunkt der Fahrveranstaltung eher den Markt der luxuriösen Cruiser bedienten, platzierte man den F-Type mit voller Absicht im sportlichen Feld. Dies konnten die Teilnehmer am Bilster Berg direkt selbst „erfahren“. Für die rund einstündige Landstraßentour in der Umgebung standen der V6 S mit 280 kW/380 PS und der V8 S mit 364 kW/495 PS bereit. Nach etwa einer halben Stunde wechselte man in ein Auto mit der jeweils anderen Motorisierung, um sich ein entsprechendes Urteil erlauben zu können.
Bevor es auf die kurvigen Straßen des Umlandes ging, erhielten alle Teilnehmer Zeit, sich mit dem Cockpit des F-Type ein wenig vertraut zu machen. Für die Zeit (2013) fand man reichlich digitale Technik in Form von Anzeigen vor. Der Bildschirm des Infotainmentsystems fährt erst bei Bedarf aus dem Armaturenbrett aus. Schalter und Knöpfe finden sich jedoch an logischen Plätzen. Also stand der Ausfahrt nichts mehr im Wege. Ach doch: das Stoffverdeck trennte mich noch von einem Plätzchen an der Sonne, also schnell noch den entsprechenden Knopf betätigt und dann ging es mit viel Frischluft im Interieur auf die Runde. Anfänglich steuerte ich im V8 S als Führungsfahrzeug mit Instruktor auf dem Beifahrersitz durch die Lande. Hinter mir eine Horde von drei weiteren F-Type, die immer dicht dran und somit im Rückspiegel präsent blieben. Nach dem Tausch in den V6 S fand ich mich im direkten Windschatten von Oliver im V8 S wieder. Auf einem kurzen Stück Landstraße ließen wir die Pferdestärken ein wenig von der Leine und stellten schnell fest, dass der stärkere, aber auch leicht schwerere Achtzylinder im kurvigen Geläuf keine Chance hatte, dem V6 davonzufahren. Dies wäre wohl nur auf einem unlimitierten und verkehrslosen Stück Autobahn gelungen. Ebenso beeindruckend war der Soundtrack, der sowohl vom rotzig-amerikanisch klingenden V8, als auch vom hochtönend singenden V6 kam. Gemeinschaftlich urteilten wir, als wir wieder am Bilster Berg angekommen waren, dass der Achtender eigentlich nur für Sound und Show nötig wäre, während der Sechszylinder seine Qualitäten bereits bewiesen hatte.
Dieses Urteil vertiefte sich anschließend bei einigen Runden auf der Teststrecke. Diese liefen in Vierergruppen mit je zwei Personen pro Auto hinter einem Instruktor ab. Nach jeder Runde ließ sich der Wagen, der direkt hinter dem Instruktor gefahren war, nach ganz hinten zurückfallen. Zudem gab es nach vier Runden in der Boxengasse einen Fahrerwechsel, sodass alle einmal in den Genuss der eigenen Fahrt auf dem neuen Gelände kamen. Dort hatte man die idealen Brems- und Einlenkpunkte mit Hilfe von Pylonen an den Kurven markiert. So konnten selbst Rennstreckenneulinge schnell eine durchaus adäquate Ideallinie erahnen und entsprechend zügig um den Kurs fahren. Zurück in der Boxengasse sprachen die Gesichter Bände: der F-Type kann überzeugen.
Für die Teilnehmer, die ein wenig Zeit mitgebracht hatten, gab es im Anschluss noch die Möglichkeit, sich zu einem der Instruktoren auf den Beifahrersitz zu setzen und einige schnelle Runden zu erleben. Neben Mitarbeitern von Jaguar waren auch bekannte Namen wie Horst von Saurma (damals noch Chefredakteur der Sport Auto), Dominik Schwager und Altfried Heger vor Ort. Mein Freund Michael filmte seine Runden damals mit und gestattete mir, das Video auf meinem YouTube-Kanal online zu stellen. Diese Mitfahrten fanden mit der V6-S-Variante statt, da auch die Instruktoren einstimmig meinten, dass diese Variante absolut ausreiche und auf der winkligen Strecke am Bilster Berg sogar Vorteile biete. Zwar hatte der V8 S zuvor eine rund zwei Sekunden schnellere Rundenzeit gesetzt, diese jedoch ausschließlich durch höheres Tempo auf den Geraden erreicht.
Hätte ich direkt nach diesen Eindrücken einen Kaufvertrag unterschrieben? Wenn das Kleingeld für einen Jaguar F-Type da gewesen wäre vermutlich ja. Der Roadster konnte einfach überzeugen, sowohl in Sachen Fahrdynamik, als auch beim Sound. Für mich hätte der V6 S dabei das Rennen gemacht. Auch heute ertappe ich mich noch dann und wann in den einschlägigen Online-Fahrzeugbörsen beim Suchen nach dem perfekten F-Type.
Fotograf: Matthias Kierse
Hier geht es zum ursprünglichen Fahrbericht, der 2013 bei Carpassin.com erschienen ist: LINK