Wenn man einen aktuellen Koenigsegg Jesko betrachtet, kommen wohl als letztes Gedanken auf, wie: „der bräuchte noch etwas mehr Leistung!“, „der ist zu schwer!“ oder „mehr Anpressdruck würde helfen!“ Tatsächlich scheinen innerhalb der Entwicklungsmannschaft von Koenigsegg im schwedischen Ängelholm diese Überlegungen tatsächlich zu existieren. Wie ich darauf komme? Nun, heute präsentierte man mit dem Sadair’s Spear ein Fahrzeug, das auf Basis des Jesko genau diese drei Punkte abarbeitet. Und das mit der von Koenigsegg bekannten Präzision. Diese führte auch zum auf den ersten Blick eher ungewöhnlichen Modellnamen. Bereits die Bezeichnung „Jesko“ war für Firmengründer Christian von Koenigsegg bei der Premiere des Wagens auf dem Genfer Automobilsalon 2019 eine hochemotionale Angelegenheit, da er diese Modellreihe seinem Vater Jesko von Koenigsegg widmete, der mit seiner Frau bei der Premiere zugegen war. Sadair’s Spear ist nun eine Hommage an das Lieblingsrennpferd von Jesko, das der Hobbyjockey bis zu seinem letzten Pferderennen im Jahr 1976 reiten durfte.
Koenigsegg bietet den Jesko gezielt in zwei völlig unterschiedlichen Varianten an. Während der Absolut für die Erreichung der höchstmöglichen Geschwindigkeiten ausgelegt wurde, erzielt der Attack mittels großem Heckflügel mehr Anpressdruck und ist damit auf Kurvengeschwindigkeiten ausgerichtet. Allerdings wirken die aerodynamischen Anbauteile des Jesko Attack im Vergleich zum neuen Sadair’s Spear fast schon wie Spielzeug. Seit dem legendären, auf sieben Exemplare limitierten One:1 hängen die Koenigsegg-Aerodynamiker den Heckflügel am liebsten von oben her auf, um die volle Breite des Flügelblattes im unteren Bereich zur Erzeugung von Anpressdruck heranziehen zu können. Beim neuen Modell sind es sogar zwei Flügelblätter, die hier im Fahrtwind hängen und an den Enden durch große Endplatten begrenzt werden. Darunter wurde die Heckpartie ein wenig verlängert und modifiziert, um auch über den Diffusor weiteren Abtrieb zu generieren. Vorn zeigen sich oberhalb der riesigen Frontspoilerlippe neue Canards und Flics sowie neu gestaltete Lufteinlässe. Am U-förmigen Kühlluftauslass in der vorderen Haube ist ein Gurney Flap integriert. Ebenfalls neu sind die Siebenspeichen-Turbinenblatt-Aircore-Carbon-Felgen mit richtungsgebundenem Design in den Radhäusern. Die darauf montierten Reifen sind nochmals eine Nummer breiter als beim Jesko.
Hinter den beiden Passagieren verbirgt sich der aus dem Jesko bekannte V8-Biturbomotor, der in Geschwindigkeiten hochdreht, die man eigentlich nur von Motorradmotoren kennt. Die Leistungsausbeute steigt mit Normalbenzin auf 1.300 PS. Sollte E85 in den Tank gefüllt werden, steigt der Wert sogar auf 1.625 PS. Da zugleich dank gezielter Feinarbeit am gesamten Fahrzeug rund 35 Kilogramm Gewicht im Vergleich zum Jesko Attack wegfällt, übersteigt der Sadair’s Spear erstmals in der Markengeschichte die magische Grenze von 1 PS pro 1 kg. Für die Kraftübertragung auf die Hinterräder sorgt wie im Jesko das Light Speed Transmission (LST) genannte Neungang-Getriebe mit nassgelagerten Kupplungen und Wippen am Lenkrad. Die riesigen Spoileranbauten sorgen allerdings auch dafür, dass die Höchstgeschwindigkeit „nur“ 360 km/h beträgt. Dieser Wert ist allerdings nur dann enttäuschend, wenn man weiß, dass der Jesko Absolut in Kürze einen Angriff auf 500 km/h Höchstgeschwindigkeit antreten soll. Eine weiterentwickelte Carbon-Keramik-Bremsanlage sorgt für die nötigen Verzögerungswerte, um das Geschoss im Zaum zu halten. Bei ersten Abstimmungsfahrten auf dem Gotland Ring in Schweden verbesserte der Sadair’s Spear den bisherigen Rundenrekord des Jesko Attack bereits im ersten Anlauf um rund 1,1 Sekunden.
Verglichen mit dem Jesko fällt die Mittelkonsole deutlich spartanischer aus. Hinzu kommen neue Carbon-Schalensitze, die sich optional mit Sechspunktgurten kombinieren lassen. 2,6 Kilogramm der Gewichtsersparnis entfallen auf Isoliermaterial, weitere 1,3 auf neue Carbon-Verarbeitungstechniken. Gleichzeitig bleiben Komfortausstattungen wie eine Klimaanlage, das an der Lenksäule montierte Display, induktive Smartphone-Ladeplätze, USB-Anschlüsse, das Birds-Eye-Kamerasystem und das innovative Autoskin-System an Bord. Letzteres erlaubt es dem Fahrer auf Knopfdruck im Innenraum oder am Fahrzeugschlüssel (in Form des Koenigsegg-Logos) die Türen und Hauben zu öffnen oder zu schließen.
Insgesamt wird Koenigsegg nur 30 Exemplare des Sadair’s Spear auflegen. Alle Fahrzeuge waren bereits im Rahmen der privaten Kundenvorführungen im Vorfeld der heutigen Weltpremiere verkauft. Zum Grundpreis machten die Schweden keine Angaben.
Bilder: Koenigsegg