70 Jahre Ford Taunus 12M

Man kann fast glücklich sein, dass manche Ideen aus Marketing- und Verkaufsabteilungen nicht gelingen. Denn ansonsten hätte dieser wunderschöne Mittelklassewagen aus dem Hause Ford vor 70 Jahren nicht „Taunus“, sondern eventuell „Hunsrück“, „Westerwald“ oder „Teutoburger Wald“ geheißen. Namen von Städten und Regionen als Modellbezeichnungen hatte die deutsche Tochtergesellschaft des amerikanischen Ford-Konzerns bereits vor dem Zweiten Weltkrieg eingeführt. Auf „Köln“ folgten „Rheinland“, „Eifel“ und schließlich „Taunus“. Letzterer erhielt im Volksmund aufgrund seiner charakteristischen Form schnell den Beinamen „Buckel-Taunus“ und lief auch nach dem Krieg weiter vom Band. In Köln war indes klar, dass man für das anbrechende Zeitalter des Wirtschaftswunders einen neuentwickelten Wagen in der Mittelklasse brauchen würde. Ab 1949 liefen daher Entwicklungsarbeiten an.

Ford Taunus 12M – Quelle: Ford
Ford Taunus 12M – Quelle: Ford
Ford Taunus 15M de Luxe – Quelle: Ford

Während Automagazine ab Anfang der 1950er Jahre über das „Projekt P1“ von Ford berichteten, hieß der neue Wagen intern „G13“. Beim Design orientierte man sich klar an US-Modellen wie dem Studebaker Champion und übernahm die in jenen Tagen von den Kunden goutierte Pontonform. Als Kühlerfigur integrierten die Designer eine kleine Weltkugel, um die Verbindung zwischen den USA und Europa zu verbildlichen. Auf Höhe des Äquators verlief ein Taunus-Schriftzug. Erstmals war die Karosserie eines deutschen Ford-Modells selbsttragend ausgeführt, wofür sich die Ingenieure Tipps und Hilfe ihrer Kollegen von Ford France einholten. Neben der zweitürigen Limousine gab es auch einen dreitürigen Kombi namens Turnier und ab Ende 1952 beim Karosseriebauer Deutsch umgebaute Cabriolets. Wie bereits beschrieben gab es ernsthafte Überlegungen an einem neuen Modellnamen, die jedoch letztlich von der Firmenleitung abgelehnt wurden. Es blieb bei „Taunus“, allerdings ergänzt durch ein „M“. Dies stand anfänglich für „Meister“, was jedoch als Modellname bereits von einem Fahrradhersteller geschützt worden war. Ford erweiterte die Bedeutung daher auf „Meisterstück“, kürzte es am Fahrzeug aber auf den Anfangsbuchstaben ab und stellte den Hubraum des Motors voran. Ab Ende 1952 gab es parallel zum 12M auch den abgespeckten Taunus 12 mit deutlich reduziertem Chromschmuck und weniger Ausstattung.

Ford Taunus 12M – Quelle: Ford
Ford Taunus 15M de Luxe – Quelle: Ford
Ford Taunus 12M – Quelle: Ford

Zu Beginn der Serienproduktion stand in den Preislisten ausschließlich der Taunus 12M mit einem 1.172 ccm großen Reihenvierzylindermotor. 28 kW/38 PS sorgten für den Vortrieb und waren diversen Modifikationen an dieser Triebwerkskonstruktion von 1935 zu verdanken. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 112 km/h und einer Beschleunigungszeit aus dem Stand auf Tempo 100 in 38 Sekunden wirkt der Taunus 12M aus heutiger Sicht ungefähr so rasant wie eine Wanderdüne. Für die frühen 1950er Jahre waren diese Werte jedoch mehr als ausreichend. Trotzdem legte Ford im Frühjahr 1955 nach. Bereits 15 Jahre zuvor hatten die Kölner Ingenieure einen 1,5-Liter-Vierzylindermotor entwickelt, jedoch nicht mehr zur Serienreife gebracht. Auf dieser Entwicklung baute man nun auf, um gegen andere Mittelklassemodelle von Opel, Fiat, Peugeot oder Borgward anzutreten. Aus 1.498 ccm holte man 40 kW/55 PS. Im Vergleich zum 12M zeigte der 15M einen modifizierten Kühlergrill, tropfenförmige Blinker an den vorderen Kotflügeln und andere Streuscheiben an den Rückleuchten. Bei der ab September 1955 angebotenen Variante „de Luxe“ gab es zudem eine Zweifarblackierung und eine hochwertige Ausstattung. Beispielsweise gab es erstmals in der Geschichte des deutschen Automobilbaus eine Lichthupe. Im Volksmund hieß diese Version schnell „Dienstmädchen im Abendkleid“.

Ford Taunus 15M de Luxe – Quelle: Ford
Ford Taunus 15M – Quelle: Ford
100.000ster Ford Taunus (ein 15M) – Quelle: Ford

Bis zur großen Modellpflege im Jahr 1959, durch die der Taunus seine Weltkugel am Kühlergrill verlor und einen breiten Seitenstreifen an den Türen und Kotflügeln erhielt, liefen 375.116 Exemplare in Köln vom Band. Davon entfielen 247.174 auf den 12M und 127.942 auf den 15M. Vom „Seitenstreifen-Taunus“ folgten weitere 245.614 Stück (56.843 mit dem 1,5-Liter-Motor) in nur drei Jahren. Über alle Modelljahre hinweg blieben das Cabriolet und der Turnier selten. Vom Lademeister gab es insgesamt nur rund 50.000 Stück. Vergleicht man den Taunus 12M mit aktuellen Autos, fallen die kompakten Abmessungen auf. Ein nagelneuer Ford Fiesta übertrumpft ihn in Länge, Breite und Höhe, obwohl er zu einer deutlich kleineren Fahrzeugklasse gehört. Während der Modellname Taunus in Deutschland seit 1982, in Argentinien seit 1985 und in der Türkei seit 1993 vom Markt verschwunden ist, wird der Name Fiesta ihm in Kürze wohl in die Geschichtsbücher folgen. Doch das ist eine andere Geschichte.

Ford Taunus 12M Turnier – Quelle: Ford
Ford Taunus 15M Turnier – Quelle: Ford
Ford Taunus 15M Cabriolet – Quelle: Ford