Im vierten von fünf Teilen meines persönlichen Rankings der Neuwagen-Automessen, die ich in den vergangenen 25 Jahren mehr als einmal besucht habe, landen wir diesmal bei der IAA. Genau genommen bei den Ausgaben der IAA, die zwischen 1997 und 2019 auf dem Messegelände in Frankfurt am Main stattgefunden haben. Zur bisher letzten Veranstaltung in München kann ich mangels eigener Eindrücke nur wenig sagen – außer dass ich der Meinung bin, dass jeder Kilometer Anreise einer zuviel gewesen wäre. Dies stützt sich auf Bildern, die ich gesehen habe und Eindrücken von Freunden und Kollegen, die tatsächlich live vor Ort waren. Somit also zurück von München nach Frankfurt und zugleich in meine Kinderzeit. Die im Zweijahresrhythmus stattfindende Weltmesse des Automobils gehörte bereits früh zur Wunschliste jener Veranstaltungen, die ich besuchen wollte. Warum? Weil ich mir als Kind nicht vorstellen konnte, jemals auf eine der anderen großen Automessen weltweit, beispielsweise nach Tokio, Detroit oder Paris zu kommen.
Als sich 1997 die Chance ergab, einen Klassenkameraden und dessen Vater zu begleiten, brauchte es daher nicht viel Überzeugungsarbeit bei mir. Indes benötigte ich tatsächlich eine Entschuldigung für die Schule, da der Ausflug mitten in der Woche stattfand. Glücklicherweise sahen meine Eltern es ähnlich wie ich: So früh nach den Ferien ist der verpasste Lernstoff eines Tages noch leicht aufholbar. So wurde die IAA zur ersten Automesse, die ich jemals live besucht habe. 1999 fand sich keine Mitfahrgelegenheit. Dafür blieb ich der IAA anschließend bis zur finalen Veranstaltung in Frankfurt im Jahr 2019 treu und besuchte die Messe zum Teil sogar an vier oder fünf Tagen. Allerdings auch nur in jenen Jahren, als die Ausstellerliste und die mitgebrachten Exponate dies rechtfertigten.
Im Laufe der Zeit musste man der IAA immer geringere Attraktivität bescheinigen. Zum Teil blieben zuletzt ganze Hallen leer, während andere Ausstellungsbereiche nur während der ersten Messewoche geöffnet waren. Zudem blieben immer mehr große und mittelgroße Hersteller fern. Kleinserienmarken gab es sowieso ab Anfang der 2010er Jahre kaum noch zu betrachten. Insofern ließ der Reiz an einem Ausflug nach Frankfurt nach. Schade eigentlich, denn 1997 waren alle Hallen noch bestens gefüllt und brachten mein damals 13-jähriges Ich anschließend zu Hause zum Schwärmen. Sportwagen, Motorsportfahrzeuge und Raritäten fanden sich auch 2001, 2003, 2005 und 2007 vor. Selbst 2017 gab es mit der Weltpremiere der Konzeptstudie des Mercedes-AMG One nochmal ein Highlight. Es war jedoch zusammen mit der Präsentation des Lamborghini Sián FKP 37 im Jahr 2019 das letzte Aufblitzen einer einst großen Automesse.
Hersteller wie Yes!, Marussia, Thunder oder Honqi tauchten auf und verschwanden zumeist sehr schnell wieder. Umso interessanter war es, ihre Fahrzeuge auf der IAA näher in Augenschein nehmen zu können. Ebenso gab es 2007 und 2009 beim Modellautohersteller Herpa Pläne für einen neuen Trabant zu sehen. Was als maßstabsgerechte Verkleinerung begann, stand 2009 schließlich in 1:1 auf der Messe. Bereits damals plante man dieses Fahrzeug als reines Elektroauto. Offenbar versandeten die Pläne jedoch in der Folgezeit, denn bis heute ist mir keine Serienumsetzung bekannt. Diese gab es hingegen für den mit viel Liebe zum Detail präsentierten Rolls-Royce Dawn, dessen Car-Cover zuvor wie beim Sonnenaufgang erstrahlte.
Sehenswerte Konzeptstudien führten oftmals in die Zukunft hinein. So stellte Lexus bereits frühzeitig den V10-Sportwagen LFA in Frankfurt vor. Letztlich veränderte sich bei diesem Fahrzeug bis zum Serienbeginn noch einiges, von der Optik bis hin zur aus Carbon anstatt aus Stahl gefertigten Karosserie. Den Alfa Romeo 4C gab es nie in glänzendem Silber und der Bugatti Vision Gran Turismo schaffte es einige Zeit nach der Messe tatsächlich in eine private Autosammlung. Selbst die großspurig angekündigte zweite Zusammenarbeit zwischen McLaren und Honda in der Formel 1 konnte man kurz vor deren Scheitern noch einmal auf der IAA anhand eines Rennwagens sehen. Auf ähnliche Weise scheiterte letztlich auch die Frankfurter Automesse selbst. Sie war stets die Veranstaltung der langen Wege, da die Hallen auf dem Gelände teils sehr weit auseinanderliegen. Und ohne große Aussteller war sie letztlich nicht mehr überlebensfähig. Der Umzug nach München konnte, wie oben beschrieben, auch nicht überzeugen. Somit reiht sich die IAA in meinem persönlichen Ranking letztlich sogar noch hinter der Essen Motorshow auf Rang vier ein.
Ranking:
Bilder: Matthias Kierse