Erstmals stelle ich hiermit ein Automuseum vor, in das man nicht einfach so hineinkommt. Die Toyota Motorsportabteilung Gazoo Racing Europe in Köln würde die ausgestellten Fahrzeuge zwar gern öffentlich zeigen, es mangelt jedoch an einer passenden Location. Aktuell befindet sich das hauseigene Motorsport Museum in einem Raum unterhalb des Windkanals, in dem neben eigenen Rennwagen auch die von anderen Herstellern und Teams getestet werden. Um hier hin zu gelangen, muss man den gesamten Firmenkomplex zu Fuß umrunden, wobei jeweils Begleiter von Gazoo Racing dabei sind, um Industriespionage zu verhindern. Im Rahmen der Öffnungstage der Toyota Collection (erster Samstag im Monat) gibt es immer wieder Möglichkeiten, Tickets für eine Tour ins Motorsport Museum zu kostenfrei zu buchen. Diese Chance ergreifen natürlich viele Rennsportfans gern, immerhin ist die Marke Toyota mit vielen Motorsportklassen eng verbunden.
Alles begann 1972, als in London einige Repräsentanten von Toyota auf den Rallyefahrer Ove Andersson aus Schweden zugingen. Er hatte unter anderem ein Jahr zuvor die Rallye Monte Carlo gewonnen. Die Japaner boten ihm an, bei der RAC Rallye in Großbritannien eine Celica zu pilotieren. Er nahm an und besiegte direkt im ersten Anlauf den japanischen Mitbewerber Datsun. Daraufhin begründete er im folgenden Frühjahr im schwedischen Uppsala seine Firma Andersson Motorsport, um die japanischen Autos direkt in Europa vorzubereiten und nach den Einsätzen zu reparieren. Kurze Zeit später verlagerte er den Firmensitz nach Brüssel. 1975 änderte sich der Name zu Toyota Team Europe (TTE) und vier Jahre später erfolgte ein weiterer Umzug in die Toyota-Allee in Köln. Dort ist die europäische Motorsportabteilung bis heute zu Hause. Seit 1993 ist TTE eine 100 prozentige Tochterfirma von Toyota und firmierte durch den Zusammenschluss um zur Toyota Motorsport GmbH (TMG). Den Wechsel zum heutigen Namen Gazoo Racing Europe nahm man 2017 vor.
Neben dem Rallyesport nahm Toyota im Laufe der Zeit auch an anderen Motorsportkategorien teil. Allerdings entstanden die Rennfahrzeuge der Gruppe-C-Ära in den 1990ern in Japan und Großbritannien. Zwar gelangen einige Achtungserfolge, doch zum Sieg beim prestigeträchtigen 24-Stunden-Rennen in Le Mans reichte es nicht. Für die Saison 1998 übergab Toyota daher die Entwicklungsarbeiten an einem Fahrzeug für das GT1-Reglement an TMG in Köln. Dort entstand der wunderschöne TS020 GT-One, von dem reglementskonform auch ein straßentaugliches Exemplar aufgebaut wurde. Es steht heute einträchtig mit der Rennversion und einem Vorgängermodell vom Typ TS010 im Motorsport Museum. Obwohl der TS020 GT-One zu den schnellsten Fahrzeugen im Feld gehörte, gelang weder 1998, noch 1999 der Gesamtsieg in Le Mans. Bis 2012 nahm Toyota sich eine Auszeit vom Sportwagensport und konzentrierte sich auf andere Gebiete. Dann stieg man in der LMP1-Klasse wieder ein und ist bis heute dabei geblieben – inzwischen mit dem GR010 Hybrid in der Hypercar-Kategorie. 2018 gelang Toyota endlich der lang ersehnte Gesamtsieg in Le Mans. Seither sind die Japaner dort ungeschlagen und fuhren 2022 bereits den fünften Sieg in Folge ein.
Nachdem der TS020 GT-One nicht die erhofften Erfolge einfahren konnte, orientierte sich Toyota in Richtung Formel 1. Der japanische Weltkonzern wollte sich dort der Konkurrenz von Mercedes-Benz, BMW, Ferrari, Jaguar, Renault und Honda stellen. Anfänglich nutzte man ein Chassis des TS020 als Aggregatetestträger für Motor und Getriebe. 2001 rollte erstmals ein Formel-1-Auto aus den Kölner Hallen, das jedoch auch nur zu Testzwecken verwendet wurde. Im Wettbewerb trat das Panasonic Toyota Racing Team ab Anfang 2002 an. Bis 2009 war Toyota bei 139 Grand Prixs dabei und erzielte fünf zweite und acht dritte Plätze. Das 2010er Rennfahrzeug war bereits fertig entwickelt und entstand in zwei Exemplaren, von denen eines im Museum Prototyp in Hamburg und das zweite im Motorsport Museum von Gazoo Racing Europe steht.
Rallyesport war und ist hingegen das wichtigste Standbein für das deutsche Team des japanischen Autoherstellers. Für den teuren Ausflug in die Formel 1 unterbrach man zwar diesen Strang für einige Zeit, ist aber inzwischen wieder sehr erfolgreich dort unterwegs. Allerdings entstehen die aktuellen Yaris WRC nicht mehr bei Gazoo Racing Europe in Köln, sondern im finnischen Jyväskylä sowie der estländischen Hauptstadt Tallinn. Das letzte Rallyeauto von TMG war der Corolla WRC, der ab Ende 1997 bei den Läufen der Rallye-Weltmeisterschaft auftauchte. Mit diesem Auto holte die Kölner Mannschaft zahlreiche Siege und 1999 die Herstellerwertung.
Bilder: Matthias Kierse