Besuch im PS.Speicher Einbeck

Auch wenn meine bisherigen Besuche im PS.Speicher Einbeck bereits ein paar Jahre zurückliegen, möchte ich dieses Museum in meinem Blog doch absolut empfehlen. Und das, obwohl ich absolut kein Motorradfan bin. Zwei Räder sind mir beim Fahrrad genug, bei motorisierter Fortbewegung eher nicht. Trotzdem war ich von der Sammlung, die im PS.Speicher zu sehen ist, mehr als angetan. Dem Museumsteam ist es auf hervorragende Art und Weise gelungen, einen Überblick aus der Zeit rund um 1800 bis in die Moderne zu zeigen, ohne dabei auch nur kurz mit geschichtlichen Daten zu langweilen.

Seit Mitte 2014 ist der PS.Speicher Einbeck für Besucher geöffnet. Als Ausstellungsort dient dabei ein historischer Kornspeicher mit modernen Anbauten. Ursprünglicher Ausgangspunkt des Museums ist die private Motorradsammlung von Karl-Heinz Rehkopf. Diese umfasste die weltweit größte Anzahl von deutschen Motorrädern. Im PS.Speicher ergänzen internationale Exponate, Fahrräder, Autos und inzwischen auch Lastwagen das Portfolio. Zwei Jahre vor der Eröffnung übernahm die damalige Kulturstiftung Kornhaus (2020 umfirmiert zur Stiftung PS.Speicher) das Kleinwagenmuseum Störy, 2015 zudem auch das private Nutzfahrzeugmuseum Sittensen. Die entsprechenden Fahrzeuge stehen nur zum Teil in der Dauerausstellung, andere sind in vier zusätzlichen Depots zu besichtigen. Diese sind mehrmals im Jahr öffentlich zugänglich. Bereits das Museum erstreckt sich über sechs Etagen mit acht Sälen. Hinzu kommen Bereiche für Wechsel- und Sonderausstellungen. Außerhalb des Hauptgebäudes ist mit der PS.Halle eine Veranstaltungshalle sowie daneben ein Rennsimulator mit einem Porsche 911 auf einem hydraulischen Sechs-Achsen-Stempel untergebracht. Auch für das leibliche Wohl wird in einem eigenen Restaurant gesorgt.

Neben den motorisierten Exponaten zeigt die Ausstellung in jedem der acht Säle jeweils zeittypische Inszenierungen mit passenden Hintergründen und Accessoires. Gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Besonderheiten der jeweiligen Ära sind so gut begreiflich dargestellt. Gleichzeitig ist der technologische Fortschritt zu sehen. Bereits im Fahrstuhl auf dem Weg nach oben dreht sich die Zeitachse langsam immer weiter zurück, sodass man – oben angekommen – im Jahr 1812 starten kann. Diverse Aktivstationen für Erwachsene und Kinder laden zum Verweilen an. Unter anderem kann man sich ans Steuer eines Hanomag 2/10 PS „Kommissbrot“ aus den 1920er Jahren setzen und damit im Fahrsimulator durch eine Stadtszene der damaligen Zeit fahren.

Auch die Zeiten der beiden Weltkriege werden im Museum nicht ausgeklammert. Neben allem Schrecken brachten sie jeweils auch technischen Fortschritt mit sich, der im Frieden zu Verbesserungen der Zivilfahrzeuge führte. Anhand eines eingemauerten Motorrads zeigt der PS.Speicher auf, wie manche Privatbesitzer versuchten, ihr Hab und Gut zu sichern. Nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt ein Saal die technischen Parallelentwicklungen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Interessant sind dabei zahlreiche Gleichheiten, bei denen man auf die Idee kommen könnte, zwischen West und Ost hätte es Kooperationen gegeben. Dass dem nicht so war, ist bekannt. Über die Freizeitgesellschaft der 1960er und 70er Jahre kommt man schließlich in den 1980er Jahren und damit beim Mauerfall an.

Aus dem automobilen Sektor sind es vor allem Kleinwagen, die die Hauptausstellung des PS.Speichers an vielen Stellen bereichern. Sie zeigen ebenso wie die Motorräder den Weg der Normalverbraucher hin zur Massenmobilität auf. Zudem gab es hier und da Autos und Zweiräder, die die gleiche Antriebstechnik erhielten. Ein berühmtes Beispiel sind der NSU TT und die Münch Mammut. Ein Zeittunnel der Visionen gibt schließlich einen Ausblick auf bereits abgeschlossene und eventuell noch in Serie gehende Neuentwicklungen. Wenn man dieses tolle Erlebnis-Ausstellungskonzept auf sich wirken lassen hat, kann man anschließend die jeweils aktuellen Sonderausstellungen und mit ein wenig Glück auch die Depots besichtigen. Man sollte also für den Besuch in Einbeck mindestens einen vollen Tag einplanen.

Bilder: Matthias Kierse