Nur rund ein Jahr nachdem ich mit der allerersten Generation der Toyota Celica Bekanntschaft machen durfte, fand ich mich erneut in einem Modell dieser Baureihe wieder. Anlass war erneut eine kleine Ausfahrt der Freunde der Toyota Collection in Köln. Nachdem durch die Corona-Pandemie die Öffnung dieser Werkssammlung an jedem ersten Samstag im Monat zeitweise ausfallen musste, ermöglichte diese Veranstaltungsart bereits im Vorjahr ein Zusammentreffen auf Rädern. Niemand konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass diese Krise so lange anhalten würde. Somit kam es zu einer zweiten Auflage mit ähnlichem Teilnehmerkreis. Diesmal legten die Veranstalter jedoch gezielt Wert auf gutes Wetter im Sommer anstatt auf herbstlichen Regen. Rund 85 Fahrzeuge starteten an der Toyota Collection in Köln Marsdorf in Richtung Biggesee. Eines davon stammte direkt aus der Werkssammlung und war für mich reserviert. Obwohl es erneut eine Celica war, hatte sie nicht viel mehr als den Namen und die Anzahl der Räder mit dem Fahrgerät aus dem Vorjahr gemeinsam.
Das ‚feuerrote Spielmobil‘ für unsere Fahrt entsprang der fünften Modellgeneration T18 der Celica und würdigte zudem die großen Erfolge im Rallyesport – speziell mit einem spanischen Fahrer am Steuer. Mit vollem Namen hört dieses Auto auf den Namen Toyota Celica Turbo 4WD Carlos Sainz. Neben dem Feiern bereits eingefahrener Erfolge nutzten die Japaner das Sondermodell auch, um Neuheiten für die Gruppe A im Rallyesport zu homologieren. Die Generation T18 lief zwischen 1989 und 1994 vom Band und die Sportversion erhielt das Kürzel ST185. Ab 1990 griff man mit diesem Modell in der Rallye-WM an. Hierfür hatte Toyota das Sportcoupé mit Allradantrieb und Turbomotor aufgerüstet. Während sie auf einigen Märkten Celica GT-Four oder Celica Turbo All-Trac heißen durfte, erhielt sie in Mitteleuropa die nüchterne Bezeichnung Celica Turbo 4WD. Im Straßentrim standen 150 kW/204 PS aus zwei Litern Hubraum zur Verfügung.
In der Rallyewelt geht nichts über Weiterentwicklungen. Ständig finden sich Bereiche am Auto, die durch neu entwickelte Teile verbessert werden könnten. Allerdings verbieten die Regeln zuviele Veränderungen der eingesetzten Rallyefahrzeuge im Vergleich zu den Serienautos. Um neue Bauteile nutzen – oder in der Motorsportfachsprache: homologieren – zu können, muss eine gewisse Mindestanzahl von Straßenfahrzeugen mit diesen Bauteilen gebaut und verkauft werden. Die Regeln der Anfang der 1990er Jahre dominierenden Gruppe A sahen hierfür mindestens 5.000 Exemplare vor. Wenn ein Hersteller im Motorsport erfolgreich ist, lassen sich die entsprechenden Sondermodelle meist relativ gut verkaufen. So auch bei Toyota, die der Celica zur IAA 1991 diverse Modifikationen angedeihen ließen. Auffälligstes Detail war dabei die neue Motorhaube mit mehr Be- und Entlüftungsöffnungen. Dies erlaubte den Einbau eines Ladeluftkühlers über dem Triebwerk, dessen heiße Abluft direkt nach außen geleitet werden konnte. Das Ergebnis erhielt den Zusatznamen Carlos Sainz und entstand exakt 5.000-mal.
Der Spanier Carlos Sainz begann seine Rallyekarriere 1980 bei kleinen Veranstaltungen in seinem Heimatland. Ab 1987 war er in der Rallye Weltmeisterschaft unterwegs. Dort errang er 1990 und 1992 gemeinsam mit Toyota den Titel. 1998 scheiterte er mit seinem Corolla WRC wenige Meter vor dem Ziel der allerletzten Wertungsprüfung des Jahres in Großbritannien mit einem Motorschaden. 2004 fuhr er seinen 26. und letzten Sieg bei einer WM-Rallye ein, was ihn für zwei Jahre zum erfolgreichsten Rallyefahrer aller Zeiten machte. Dann wurde er von Sebastien Loeb in dieser Statistik abgelöst. Seit 2006 widmet er sich Langstreckenrallyes wie der Dakar. Diese Rallye gewann er 2010, 2018 (jeweils in Südamerika) und 2020 (Saudi-Arabien). Sein Sohn Carlos Sainz junior ist ebenfalls Rennfahrer und fuhr bis letztes Jahr für die Scuderia Ferrari, nun für Williams in der Formel 1.

Zurück zur Sommerfahrt der Toyota Collection und ins Cockpit der Celica. Die Unterschrift des zweifachen Rallyeweltmeisters findet sich sowohl außen auf den Kotflügeln als auch auf einer Plakette auf dem Mitteltunnel. Letztere weist dieses Fahrzeug als Nummer 1969 von 5000 aus. Schade, damit liegt die Nummer leider um sieben zu hoch, um das Geburtsjahr von Carlos Sainz anzuzeigen. Ansonsten gibt sich das Interieur des Sondermodells sehr zurückhaltend. Ledersitze mit gutem Seitenhalt in Reihe eins, eine ebenfalls belederte Rückbank im engen Fond und ein Schiebedach gehören zur Ausstattung. Ebenso ein Detail, das heutige Kinder vermutlich gar nicht verstehen: Ein Radio mit Kassetten- und CD-Player. 1992, als die ersten Exemplare der Carlos Sainz Edition zu den Händlern rollten, war ein solches Gerät ungefähr so hochwertig wie heute das neueste iPhone. Auf unserer rund 250 Kilometer langen Tour blieb es allerdings überwiegend abgeschaltet.
Viel Freude bereitete mir unterwegs der Zweiliter-Turbo-Vierzylindermotor. Für das Sondermodell spendierte Toyota eine Leistungssteigerung, die aus heutiger Sicht allenfalls für ein kurzes Lachen sorgen würde. Wahnsinnige vier PS mehr als in der normalen Celica Turbo 4WD standen den Kunden und damit auch mir zur Verfügung. Nachdem wir – meine Frau saß auf dem Beifahrersitz – uns aus dem Kölner Stadtgewusel heraus manövriert hatten, ging es über schöne Landstraßen ins Bergische Land und anschließend ins südliche Sauerland. Dort konnte der Toyota zeigen, was in ihm steckt. Kurviges Geläuf liegt dem Rallye-Basisauto hervorragend und vor Bodenwellen schreckt es nicht zurück. Am Biggesee kehrten wir schließlich bei Ommi Kese ein. Anschließend ging es auf Nebenstraßen und Autobahnen zurück. Unterwegs fanden sich diverse interessante Ortsnamen, die man sonst vermutlich nur als Anwohner oder Anverwandter kennt. Nach rund 250 Kilometern mussten wir den Schlüssel zur Celica wieder abgeben. Schade, wir hätten uns gerne noch ein wenig länger wie Carlos Sainz gefühlt. Wieviele der 680 in Deutschland verkauften Celica Turbo 4WD Carlos Sainz gibt es wohl noch?

Bilder: Katrin Kierse, Matthias Kierse
Text ursprünglich erschienen auf Secret Classics: LINK