IED dürfte den wenigsten Lesern meines Blogs ein Begriff sein. Ich selbst würde dieses Kürzel vermutlich auch kaum kennen, hätte ich nicht von 2008 an regelmäßig den Genfer Autosalon besucht. Dort stellte IED Jahr für Jahr ein aufsehenerregendes Konzeptfahrzeug nach dem nächsten vor. Und so kam es natürlich auch, dass ich mich ein wenig mit den Hintergründen befasste, um herauszufinden, wer oder was IED ist. Die Abkürzung steht für Istituto Europeo di Design und ist in Turin ansässig. Als Universität bietet sie den Studiengang Fahrzeugdesign an und die Masterstudenten jeden Jahres erhalten die Möglichkeit, gemeinsam eine Konzeptstudie auf die Räder zu stellen. Hierfür arbeitet die Hochschule oft mit namhaften Automobilherstellern zusammen. Für den Abschlussjahrgang 2023 ist es sogar eine ganz besondere Marke, die ihre Kooperation zusagte: Pagani.
Vor inzwischen 25 Jahren debütierte der Pagani Zonda als Mittelmotorsupersportwagen aus Kohlefaser. Damals ahnte kaum jemand, dass die kleine, unbekannte Marke Pagani eines Tages zu den Speerspitzen in ihrem Segment zählen würde. Zuviele vergleichbare Namen waren zuvor und seither aufgetaucht und nach wenigen Jahren wieder verschwunden. Doch das, was Horacio Pagani und sein Team in der Nähe von Modena seither auf die Räder stellten, eroberte schnell die Herzen zahlloser Fans in aller Welt. Aus Anlass des damals noch bevorstehenden 25-jährigen Jubiläums des Zonda tat sich die Pagani-Designmannschaft 2022 mit den kommenden Absolventen der IED und ihren Professoren zusammen, um eine ganz besondere Konzeptstudie zu kreieren. Mit dem Alisea sollte quasi die ultimative Evolutionsstufe des Zonda entstehen. Zugleich übernimmt das Einzelstück dabei die grundlegende Formgebung der legendären Gruppe-C-Rennwagen, von denen sich Horacio Pagani bereits beim Zonda inspirieren ließ. Die Abmessungen von 4,52 Metern Länge, 2,05 Metern Breite und 1,07 Metern Höhe sorgen dabei für eine atemberaubende Skulptur.
Wie so oft bei IED durchliefen die insgesamt 284 am Projekt beteiligten Studenten jeden Prozess, der bei der Erstellung eines neuen Autos geschieht. Es ging mit ersten Entwürfen und Skizzen los. Alsbald wurden die beschlossenen Details zu einem Gesamtentwurf zusammengeführt und digitalisiert. So entstand ein dreidimensionales Modell im Computer. Dieses wurde schließlich im Maßstab 1:1 umgesetzt, wobei hier klar festgehalten werden muss, dass es ein rollbarer Tonklotz ist und weder über ein richtiges Interieur, noch über einen Antrieb verfügt. Natürlich träumen die Studenten vom V12-Saugmotor aus dem Zonda, der von Mercedes-AMG zugeliefert wurde. Neben den stark betonten Kotflügeln über den großen Rädern fällt die relative Einfachheit des Designs mit wenigen, hauptsächlich elliptischen Linien ins Auge. Das Heck zitiert mit den zentralen vier Endrohren der Abgasanlage nicht nur den Zonda, sondern durch die Anordnung der Rückleuchten und den kleinen Heckflügeln auch den aktuellen Pagani Utopia. Vorn erinnert die Grundform der LED-Scheinwerfer an die Halogenleuchten des Zonda, führt den Alisea aber auch deutlich in Richtung Zukunft.
Innen setzt sich die elliptische Form weiter fort. Beispielsweise ist der Armaturenträger hinter dem Lenkrad elliptisch gestaltet und beinhaltet neben den analogen Anzeigen auch ein digitales Display. Unterhalb der beiden zentralen Belüftungsdüsen ist ein weiteres Display für das Infotainment- und Navigationssystem integriert. Für das Getriebe sitzt ein Schalthebel auf dem Mitteltunnel. Feinstes Leder ist hier mit Sichtcarbon und aus dem Vollen gefrästem Metall kombiniert – ganz, wie man es von Pagani kennt. Wer den IED Pagani Alisea gern live bestaunen möchte, hat hierzu vom 6. Mai bis 7. Juni im MAUTO – the National Automobile Museum of Turin Gelegenheit.
Bilder: IED, PEPE Fotografia