Retro Classics Stuttgart 2024

Inzwischen liegt mein Besuch auf der Retro Classics in Stuttgart schon wieder mehr als eine Woche zurück. Zeit verfliegt. Dennoch möchte ich natürlich meinen gewohnten digitalen Rundgang nicht unterschlagen. Aus meiner Sicht lohnte sich dieses Jahr die Reise ins Schwabenland mehr als die ins Ruhrgebiet zur Techno Classica. Das war in früheren Jahren durchaus schon andersrum der Fall und zeigt leider noch einmal drastisch auf, in welche Richtung sich meine Heimmesse in Essen leider bewegt. Ein großes deutsches Oldtimermagazin brachte es mit „Diät in Essen“ sehr gut auf den Punkt. Doch zurück nach Stuttgart und auf ins Messegeschehen direkt am Flughafen.

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Wie in so ziemlich allen Jahren der Retro Classics gab es im etwas tiefergelegenen Atrium eine sehenswerte Sonderausstellung. Diese widmete sich 2024 dem kürzlich verstorbenen ehemaligen Rennfahrer, Konstrukteur und Verkaufsgenie Erich Bitter. Gut bekannt sind seine beiden in etwas größeren Stückzahlen produzierten Modelle CD und SC mit Opel-Technik. Deutlich weniger bekannt sind seine Hintergründe als Rennfahrer, der durch gute Kontakte zu einigen Opel-Ingenieuren in den Genuss kam, den ersten Nachkriegsrennwagen aus Rüsselsheim testen zu dürfen. Auf Basis des Rekord C hatten einige Techniker ohne Wissen der Geschäftsleitung einen Gruppe-5-Tourenwagen entwickelt, der aufgrund seiner Farbgebung bald als „schwarze Witwe“ bekannt wurde. Ein gut gemachter Nachbau dieses Autos stand in vorderster Reihe. Dahinter reihten sich auf der linken Seite diverse mehr oder weniger seltene Konstruktionen von Erich Bitter auf. Darunter zwei von nur elf gebauten Opel Kadett Aero mit verbreiterten Kotflügeln, zwei von 22 Bitter SC Cabriolets sowie eine von vier gebauten SC Limousinen. Aber auch Raritäten wie der Bitter Type 3 (einer von drei), der Bitter Rallye GT oder die Bitter Berlina (beides Einzelstücke) waren vertreten. Ganz hinten warf ein Intermeccanica Indra den Blick darauf zurück, wie es zu den Eigenbauten von Erich Bitter kommen konnte. Ursprünglich hatte er diesen italienischen Sportwagen mit amerikanischem V8-Motor nach Deutschland importiert. Allerdings war die Fertigungsqualität weit von seinem teutonischen Duldungslevel entfernt und ließ sich auch durch Geld und gute Worte nicht verbessern. So entschied er sich schließlich, den Weg in die Selbstständigkeit als Autobauer anzutreten. Die guten Kontakte zu Opel halfen dabei und hielten bis zum Tod von Erich Bitter an. Nun werden sie von seinem Neffen Markus Bitter in der Bitter GmbH fortgesetzt, wo moderne Opel-Modelle individualisiert werden. Diese standen auf der rechten Seite der Sonderausstellung. Wer mehr zum Leben von Erich Bitter erfahren möchte, sollte mal in YouTube oder Spotify nach dem Podcast „Alte Schule“ suchen.

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Traditionell bietet die große Halle 1 des Stuttgarter Messegeländes die meisten automobilen Highlights der Retro Classics an. Dieser Brauch wurde auch 2024 nicht unterbrochen. Vom Vorkriegs-Oldtimer bis hin zum modernsten Hypercar war hier alles vertreten, was Autofans den Speichelfluss anregen könnte. Wahre Raritäten wie ein SSC Ultimate Aero TT (einst schneller als der Bugatti Veyron und damit einer der Gründe für die Entwicklung des Veyron Super Sport) oder ein Benarrow PB5, von dem lediglich sechs Exemplare auf Basis des Audi S5 gebaut wurden, standen klar im Schatten eines einzigen Standes. Aston Martin Stuttgart fuhr im wahrsten Wortsinn groß auf. Nachdem im letzten Jahr ein Valkyrie AMR Pro den Eingangsbereich der Messe bereichert hatte, gab es nun zusätzlich zu diesem kleinen Stand eine deutlich größere Fläche in Halle 1 – und dort das Feinste vom Feinen der kleinen britischen Marke. Der aus dem Vorjahr bekannte Valkyrie brachte zwei seiner Geschwister mit. Hinzu gesellten sich zwei DB4 GT aus der Continuation-Serie, einer von 28 gebauten Vanquish Zagato Speedster sowie einer von 19 produzierten DBS GT Zagato. Mit nur sieben Autos erreichte man hier also locker einen achtstelligen Wert, zur Freude jedes Versicherers. Wenige Meter weiter standen ein Bugatti Veyron Grand Sport Vitesse, ein Porsche 917 K und ein Aston Martin DB4 GT Zagato mit Le Mans-Historie. Aber auch „normalere“ Oldtimer vom Schlage Volkswagen T1, De Tomaso Pantera oder (typisch Stuttgart) Porsche 911 kamen natürlich nicht zu kurz. Bevor wir uns dem großen Porsche-Stand zuwenden, gehen wir virtuell einige Stufen hoch und umrunden die Halle im oberen Bereich.

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Hier steht traditionell eine erste Auswahl von (mehr oder weniger) privat angebotenen Klassikern sowie ein paar Marken- und Modellclubs. Auch hier reichte das Angebot von der Messingära bis in die Moderne. Absolut sehenswert waren unter anderem ein Peugeot 205 T16 Rallyefahrzeug oder ein seltener Fiat Ritmo mit Abarth-Zubehör.

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Einige meiner Leser kennen meine Passion zur Marke Porsche. Somit mag es nicht verwundern, dass ich diesem Messeauftritt ein eigenes kleines Bilderalbum widme. Zumal es sich dieses Jahr mit dem 50-jährigen Turbo-Jubiläum auch durchaus lohnt, genau hinzuschauen. Aus dem Porsche Museum hatte man sechs einzigartige Fahrzeuge mitgebracht. Darunter befand sich mit dem 911 Turbo „Nr. 1“ jenes Auto, das Louise Piëch im August 1974 ausgeliefert bekam und das tatsächlich der allererste straßenzugelassene 911 Turbo für eine Privatperson war. Wenn der Name Piëch beim einen oder anderen Leser für spontanes Interesse sorgt, ist dies nicht verwunderlich. Louise war die ältere Schwester von Ferry Porsche und die Mutter des in der Autoszene bestens bekannten Ferdinand Piëch. Neben ihrem Turbo stand einer der ersten 500 gebauten 911 Turbo 3.0, ein 911 Turbo S der Baureihe 993, ein GT2-Rennfahrzeug der gleichen Generation, ein 911 GT1 ’98 sowie ein 911 Turbo S der aktuellen Baureihe 992, der eigentlich als Sondermodell zu haben war. Eigentlich deswegen, weil die Kooperation mit einem Hersteller von Privatjets offenbar nicht so fruchtbar war, wie von einigen Marketingstrategen erhofft. Es blieb jedenfalls bei einem Vorserienauto, das nun im Messelicht glänzen durfte. Aus dem Unternehmensarchiv kamen zudem einige Exponate, wie die Konstruktionszeichnung des Turbo-Schriftzugs (der in großer Ausführung eine Wand schmückte) und die originale Ausstattungskarte des 911 Turbo „Nr. 1“.

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Auf dem Weg zur Halle 3 (die rechte Seite des Stuttgarter Messegeländes ist ungerade nummeriert, links sind die geraden Zahlen) ging es vorbei am Stand von Mazda Classic und einem Mercedes-Benz 540 K Autobahnkurier. Schon unglaublich, welche Formen bereits in den 1930er Jahren verwirklicht werden konnten. Deutlich anderes Design herrschte im Sonderausstellungsbereich der Halle 3 vor. Hier hatten die Organisatoren zum großen Tuning-Treffen der 1980er und 1990er eingeladen, was naturgemäß zu einer Ansammlung der schönsten GfK-Breitbaukarosserien führen musste. Ob Rieger Golf 1, Strosek Porsche 928 oder Fiat 500 mit Flügeltüren – damals gab es irgendwie keine Grenzen. Dies unterstrich nur wenige Meter entfernt der Stand der SGS Styling Garage mit diversen Umbauten auf Basis des S-Klasse Coupés der Baureihe C126. Auch diverse Filmautos konnten bestaunt werden, darunter eine sehr gut gemachte Replika von KITT. Deutlich bodenständiger ging es am Stand des Lancia Club weiter, wo 40 Jahre Thema und 30 Jahre Kappa mit diversen Exponaten gefeiert wurde. Kaum bekannt dürfte es den meisten Besuchern gewesen sein, dass es beide Oberklassemodelle auch als verlängerte Limousine gab – wenn auch jeweils nur in geringster Stückzahl. Beim Fahrwerksspezialisten KW konnte man den Porsche Carrera GT eines ehemaligen deutschen Formel-1-Fahrers in Augenschein nehmen, der sich ein neues Fahrwerk für den Mittelmotorsportwagen entwickeln ließ.

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Halle 5 ist bei der Retro Classics seit vielen Jahren traditionell die Mercedes-Halle. Neben der werksseitigen Classic-Abteilung stellen hier auch diverse Clubs und Händler ihre Fahrzeuge mit Stern aus. Neben Supersportwagen vom Typ SLR und SLS tauchten auch Klassiker wie der 300 SL und Raritäten wie ein komplett bei Designo veredelter CL 65 AMG auf. Im hinteren Hallenbereich blieb Platz für einige Clubs, beispielsweise von Citroën-Fahrzeugen, sowie für weitere zum Verkauf stehende Autos.

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In Halle 7 befindet sich der große Stand von BMW inklusive diverser der Marke zugewandter Modellclubs. Neben Exponaten zum 25. Jubiläum des Z8 zeigten die Münchner den V12 LMP Rennwagen, der 1999 die 24 Stunden von Le Mans gewonnen hat, neben einem Modell des diesjährigen LMDh-Renners. Hinzu kam unter anderem ein äußerst seltener M3 GTR in der Straßenversion.

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Während in Halle 9 ausschließlich Teilehändler sowie Anbieter von Automobilia zu finden waren, bot die Halle 6 auf der anderen Seite des Messegeländes noch ein paar Fahrzeuge, die zum Verkauf standen. Dass man hierfür etwas unkonventionell kreuz und quer laufen musste, lag daran, dass in den Hallen 8 und 10 eine Parallelveranstaltung stattfand. Dennoch lohnte sich auch dieser Umweg und brachte noch ein paar abschließende Eindrücke ein, ehe wir müde aber glücklich den Heimweg antraten. Die Vorfreude auf die 2025er Ausgabe ist auf jeden Fall vorhanden.

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Bilder: Markus Herrig, Matthias Kierse