Mercedes-Benz 230 SL Pininfarina

Während viele Marken dafür bekannt sind, Einzelstücke und Modellreihen bei externen Designhäusern gestalten zu lassen, gilt dies nicht für Mercedes-Benz. Die Anzahl entsprechender Fahrzeuge mit dem Stern auf der Motorhaube lässt sich bequem an zwei Händen abzählen. Entsprechend selten kommt ein solches Auto auf den freien Markt. Im Rahmen der Car Week rund um Monterey in Kalifornien versteigert in diesem Jahr das Auktionshaus Gooding & Co. den einzigartigen Mercedes-Benz 230 SL mit Coupé-Karosserie von Pininfarina.

Mercedes-Benz 230 SL Pininfarina – Quelle: Gooding & Co.

Dieses Unikat entstand 1964, kurz nach der Modelleinführung des damals neuen SL der Baureihe W 113, im Volksmund heute besser als „Pagode“ bekannt. Tom Tjaarda, der damalige Chefdesigner bei Pininfarina, sprach bereits bei der Weltpremiere dieser SL-Generation bei Mercedes-Benz vor. Seine Idee war ein rassiges Coupé als Ergänzung zum werksseitig angebotenen Roadster. Erstaunlicherweise lautete die Antwort aus Stuttgart: Bauen Sie ein solches Fahrzeug. Man stellte sogar ein Basisauto in Form eines nagelneuen 230 SL zur Verfügung. Als einzige Vorgabe galt, dass Tjaarda das Grunddesign partiell beibehalten solle. Dies schaffte der Designer indem er die Scheinwerfer und den Kühlergrill übernahm, jedoch leicht anders anordnete. So sitzen die Leuchten ein Stück tiefer und der Grill steht angewinkelt gegen den Fahrtwind.

Mercedes-Benz 230 SL Pininfarina – Quelle: Gooding & Co.

Auch die Seitenansicht erinnert an den SL W 113, ist jedoch gleichzeitig komplett anders. Das liegt nicht nur am Coupédach auf seinen dünnen Dachsäulen. Auch die beiden klaren Lichtkanten im Blech finden sich nicht am Basisfahrzeug. Die Kofferraumklappe und der Heckabschluss zeigen sich ebenfalls kantiger als beim normalen SL. Von diesem stammen hingegen die kleinen Rückleuchten. Wie bei vielen italienischen Autos dieser Ära ist die Heckstoßstange dreigeteilt ausgeführt. Insgesamt wirkt der Entwurf besonders durch das bereits angesprochene Dach äußerst stimmig. Es sorgt für die nötige Leichtigkeit und gibt dem 230 SL Pininfarina zugleich eine gewisse Eigenständigkeit.

Mercedes-Benz 230 SL Pininfarina – Quelle: Gooding & Co.

Innen übernahmen Tom Tjaarda und sein Team fast alle Elemente des Basisfahrzeugs. Allerdings gestalteten sie neue Sitze mit Chromeinfassung und eigener Ledersteppung. Hinzu kam ein belederter Dachhimmel, wie ihn auch andere Pininfarina-Einzelstücke dieser Ära erhielten. Bei der Gestaltung der Türtafeln übernahm man Elemente, die auch bei Entwürfen für Ferrari zu finden sind. Komplett neu ist die hintere Gepäckablage mit im Leder eingelassenen Metallschienen. Wie bereits der Roadster sollte also auch das Coupé ein reiner Zweisitzer sein, der sowohl im Alltag als auch für Urlaubsfahrten genug Platz bietet. In Kombination mit dem Kofferraum konnte Pininfarina diesen Anspruch voll befriedigen.

Mercedes-Benz 230 SL Pininfarina – Quelle: Gooding & Co.

Seine Weltpremiere erlebte das fertig gestellte Coupé 1964 auf dem Pariser Autosalon. Anschließend stellte Pininfarina das Unikat auch in Turin aus. Parallel liefen Verhandlungen mit Mercedes-Benz über eine mögliche (Klein-)Serienfertigung. Nach vielem hin und her entschied man sich in Stuttgart jedoch gegen die italienische Karosserievariante. Das voll-fahrfähige Einzelstück kaufte schließlich der Verleger und Journalist Axel Springer. Gemeinsam mit seiner Frau Helga Ludeweg fuhr er das Coupé viele Jahre lang sowohl in West-Berlin als auch in Monaco. Nachdem er das Auto verkauft hatte, erfolgten diverse Umlackierungen und Veränderungen am Interieur, bevor der SL in den 1980er Jahren in die USA exportiert wurde.

Mercedes-Benz 230 SL Pininfarina auf dem Pariser Autosalon 1964 – Quelle: Gooding & Co.

1992 tauchte der Mercedes-Benz 230 SL Pininfarina erstmals beim Concours d’Elegance in Pebble Beach auf. In rotem Lackkleid erzielte das Coupé den zweiten Platz in seiner Klasse. Fünf Jahre später kaufte der Autosammler Weston Hook den Wagen. Er beauftragte Jerry Hjeltness mit einer umfassenden Restaurierung zurück zum Originalzustand. Allerdings entschied er sich letztlich für eine abweichende Lederfarbe im Vergleich zur Premiere in Paris 1964. Anstelle von Schwarz findet sich nun helles und freundliches Beige im Interieur. Alle Arbeiten wurden just-in-time für den Pebble Beach Concours d’Elegance 1997 fertig. Dort erzielte der SL einen Klassensieg und erhielt zudem ein Autogramm von Tom Tjaarda. Nach dem Tod von Weston Hook im Jahr 2014 erhielten seine Witwe Elona und ihr Sohn eine Einladung zum Concorso d’Eleganza an der Villa d’Este in Italien. Diese Reise bezeichneten sie später als absolutes Highlight. Nun steht dieser ganz besondere SL bei Gooding & Co. zur Auktion bereit. Experten schätzen den Endpreis im siebenstelligen Bereich.