Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE

Das erste leichte Frontlenker-Nutzfahrzeug stammte ab 1949 von Volkswagen. Richtig? Nein, denn Goliath und Magirus kamen VW einige Jahre zuvor. Entwicklungstechnisch gab es tatsächlich sogar noch ein weiteres entsprechendes Fahrzeug, allerdings aus gänzlich anderem Hause. Unter dem relativ kryptischen Projektnamen 1.5-23 COE entstand in den späten 1930er Jahren bei Opel in Rüsselsheim ein Einstiegsmodell ins Blitz-Segment. Die Gründe, warum dieses Projekt inklusive eines offenbar fahrfähigen Prototyps fast komplett in Vergessenheit gerieten, sind unklar. Kürzlich tauchten jedoch bei einem Auktionshaus acht Schwarz-Weiß-Fotos des Vorserienautos auf, die zweifelsfrei als Originalaufnahmen der damaligen Opel-Fotoabteilung identifiziert werden konnten. Somit wird es Zeit, dieses Projekt einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen – mit lediglich rund 85 Jahren Verspätung.

Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel
Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel
Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel
Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel

Als Opel das Projekt 1.5-23 COE (COE steht übrigens für Cab Over Engine, also einen Frontlenker mit Sitzen über dem Motor) in einen fahrfähigen Prototypen entwickelte, befand sich Deutschland bereits in den Vorbereitungen auf den Zweiten Weltkrieg. Auch General Motors, die Opel in den 1920er Jahren übernommen hatten, mussten sich fortan an die Weisungen der nationalsozialistischen Regierung halten. Diese verfügte für jeden deutschen Automobilhersteller spezielle Fahrzeugklassen, die produziert werden durften. Aus allen anderen Klassen musste sich der jeweilige Hersteller zurückziehen. Dies führte bei Opel unter anderem dazu, dass ein seit 1933 angebotener Eintonner der Nutzfahrzeugsparte Blitz eingestellt werden musste. Vermutlich ist in dieser Verfügung auch der Grund zu finden, warum 1.5-23 COE niemals der Öffentlichkeit vorgestellt oder produziert wurde. Allerdings ist es erstaunlich, dass im Werksarchiv so wenig über den Wagen erhalten geblieben ist.

Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel
Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel
Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel
Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel

Der vermutlich einzige jemals gefertigte Prototyp zeigt auf den jüngst aufgetauchten Bildern sichtbare Benutzungsspuren an Karosserie und Laderaum. Opel unterzog den Prototyp also ersten Tests unter realen Lebensbedingungen. Ob das Auto vor dem Krieg verschrottet oder im Krieg durch Bomben zerstört wurde, ist unklar. In den Unterlagen des Werksarchives gab es jedoch lediglich wenige Mitschriften aus Aufsichtsratssitzungen, ein Datenblatt sowie Seitenskizzen möglicher Karosserievarianten. Darunter befanden sich neben dem klassischen Lieferwagen auch ein Pritschenaufbau mit Plane sowie ein 15-sitziger Bus. Das Zahlenkürzel 1.5 gibt übrigens nicht die Tonnage, sondern den geplanten Hubraum an. Leif Rohwedder, Leiter Opel Classic, geht davon aus, dass es sich um den 1,5-Liter-Vierzylinder aus dem damaligen Opel Olympia gehandelt haben dürfte. Mit der „23“ spielten die Entwickler wohl auf den anfangs angedachten Radstand von 2,3 Metern an. Anhand der Bilder ermittelten die Archivare beim Prototypen allerdings rund zehn Zentimeter mehr Platz zwischen den Achsen. Die zweifarbige Lackierung nimmt inzwischen eine handgefertigte, maßstabsgetreue Miniatur des wiederentdeckten Opel Lieferwagens auf, die von Autopioneer in 1:43 zum Preis von 99,95 € angeboten wird.

Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel
Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel
Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel
Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel
Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel
Opel Blitz Projekt 1.5-23 COE – Quelle: Opel
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