Noch bis zum kommenden Sonntag findet auf dem Messegelände in Essen die Essen Motorshow statt. Als finale Möglichkeit des Jahres, noch einmal schöne Autos geballt an einer Stelle zu sehen, gehört diese Veranstaltung seit 2001 zu den geblockten Terminen in meinem Kalender. Mehr zu der Entwicklung in diesen zwei Jahrzehnten habe ich hier bereits beschrieben. Wie sieht derweil die 2022er Ausgabe aus? Gehen wir doch einfach gemeinsam einmal durch die Hallen. Vielleicht bekommen Sie dadurch ja Lust, auch noch einen Besuch in Essen in den Terminplan einzuschieben.
Die Hallen 1 und 2 stehen wieder unter dem Motto „Classic- und Prestige-Salon“. Kürzlich konnte ich der Vorpressekonferenz zu diesem Event im Event beiwohnen. Dort wurden picke-packe-volle Ausstellungsbereiche versprochen. Vor Ort stellt sich dieser Eindruck allerdings leider nur rund um den SIHA-Pavillon in Halle 1 an. Dort drängen sich moderne und klassische Supersportwagen vom Schlage Ferrari, Mercedes-AMG, Bugatti, Koenigsegg und Apollo. So voll war es hier zuletzt vor mehr als zehn Jahren, als die SIHA als Organisator der Techno Classica eine Ferrari-Sonderausstellung vorführte. Auf den Ständen rundum sucht man fast ein wenig vergeblich nach Highlights (einen Stand ausgeklammert, aber dazu später mehr). Viele Bereiche blieben sogar komplett leer. Ob hier kurzfristig Aussteller abgesagt haben oder nicht genug Interesse vorhanden war, entzieht sich meiner Kenntnis.
Positiv hervorzuheben ist neben einem Porsche 908 Langheck Art Car die Messepräsenz des Alsdorfer Sportwagenhändlers Esser. Seit fast zehn Jahren vertreibt Esser die schwedische Supersportwagenmarke Koenigsegg in Deutschland. Inzwischen ist man zudem Vertragspartner von Rimac und zudem über die europäischen Grenzen hinaus als guter Geschäftspartner für Sportwagen und Exoten bekannt. Erst kurz vor der Essen Motorshow bekam Firmengründer Markus Esser einen Anruf aus Schweden. Als Teil der Roadshow des neuen CC850 sollte er dieses im Rahmen der Monterey Car Week im August präsentierte Fahrzeug exklusiv für einige Tage erhalten. Innerhalb von nur wenig Zeit plante er mit seinem Team daher eine exklusive Deutschlandpremiere im Rahmen des Pressetages der Essen Motorshow. Zudem brachte er den kommenden Hyper-GT Gemera, einen Jesko und einen klassischen CCXR mit. Allerdings verlassen der Gemera und der CC850 am 7.12. die Messe mit Ziel Dubai. Dafür werden zwei andere Supersportwagen aus der Firmenzentrale von Esser in Alsdorf bei Aachen geholt, um die Lücken auf dem Stand würdig zu füllen.
Am Eingang West der Halle 3 empfängt eine Sonderausstellung die Besucher. Gemeinsam mit den Klassikerfreunden der Firma Chrome Cars aus Jena entstand sie und zeigt eine legendäre Rennsport-Livery aus den Farben Schwarz und Gold. Fans wissen bereits, um was es geht. Manche Leser haben sich zudem bereits die Fotos angesehen. Die Rede ist natürlich vom Tabakunternehmen John Player Special, das über lange Jahre hinweg vor allem das Formel-1-Team von Lotus unterstützte. Hinzu kamen weitere Sponsorings und einige Sondermodelle mit Straßenzulassung, von denen ebenfalls ein paar in der Sonderausstellung stehen.
Im weiteren Verlauf der Halle 3 stehen viele OEM-Anbieter von Felgen und Fahrgestellen, beispielsweise BBS und KW. Hinzu kommen die Mercedes-Benz Fan-World, ein paar Autohändler mit Herstellerunterstützung sowie als einzige große Automarke BMW. Schade, dass die anderen Marken gar nicht mehr oder nur alle zwei, drei Jahre auftauchen. Platz genug wäre fraglos. Neben dem neuen BMW M2 mit M Performance Parts fiel ein neuer Volkswagen I.D. Buzz ebenso ins Auge wie gleich zwei Nissan Skyline (R34) GT-R in Midnight Purple II. Auch Rennfahrzeuge für die Asphaltpiste oder Rallyestrecken aller Art fanden sich. Gleich zwei Lexus LFA (einer davon als Schnittmodell), ein BMW M3 Touring Safety Car aus der MotoGP oder der neue KTM X-Bow GTXR füllten die Halle ebenfalls aus.
Halle 4, wo in den zurückliegenden Jahren traditionell eine riesige Driftfläche aufgebaut war, wurde für 2022 ein wenig umgerüstet. Auf der Fläche finden diesmal Kart-Attack-Rennen statt, die stark an gewisse Computerspiele von Nintendo erinnern. Zudem beschallt im hinteren Eck ein Autoscooter die ganze Halle. Allerdings liegt alles im Halbdunkel und ließ sich daher nicht ohne Weiteres fotografieren. Lichttechnisch das totale Gegenteil findet man nebenan in Halle 5. Dort glänzen private Tuningfahrzeuge um die Wette. Der Gegensatz mancher Exponate könnte dabei kaum größer sein. Vom klassischen Opel über den neuesten Toyota bis hin zu Vans mit implantierten Motoren anderer Hersteller sind ebenso vor Ort, wie reine Schaufahrzeuge und echte Raritäten.
Für viele Messebesucher, speziell aus dem Ruhrgebiet, geht auf der Essen Motorshow inzwischen kein Weg mehr am Stand von JP Performance aus Dortmund in Halle 6 vorbei. Durch seinen erfolgreichen YouTube-Kanal sind die Projektautos des Unternehmers bestens bekannt. In diesem Jahr ließ er sich erstmals zwei Fahrzeuge von externen Tuningfirmen aufbauen, bei denen sein Team nicht Hand anlegte. Beide stehen auf der Messe. Zum einen handelt es sich dabei um einen von Brabus komplett umgebauten Mercedes-AMG G 63 und zum anderen entstand bei AP Car Design in Göttingen der wohl leichteste Porsche 911 (964) Turbo mit Straßenzulassung. Daneben glänzen ein BMW 3er (E36), der eigentlich ein günstiges Resterampeprojekt werden sollte, und der vor einigen Jahren erstmals gezeigt Supergolf in neuer Ausbaustufe im Rampenlicht. Andere Firmen wie Arlows oder Howdeep sind ebenfalls in Halle 6 vertreten.
Neben dem G 800 von JP Kraemer steht in Halle 7 das wohl verrückteste Auto der Messe. Vor einigen Monaten präsentierte Brabus den Crawler mit leichten optischen Einflüssen vom Mercedes G. 15 Exemplare dieses wilden Buggies entstehen in Bottrop, nur einer bleibt in Deutschland. Wohin die anderen 14 gehen, kann man sich vermutlich beim Verkaufspreis von rund 900.000 € ausmalen. Brabus teilt sich den Continental-Stand mit anderen namhaften Tunern wie Edo Competition, die einen Maserati MC20 mitbrachten. Reifenhersteller Hankook präsentierte das neue Formel-E-Auto und passend dazu auch gleich die entsprechenden Pneus für die Saison 2023. Bleibt noch ein Blick auf die Kampagne „Tune it Safe!“, die in Zusammenarbeit mit der Polizei für sichere Umbauten wirbt. Jedes Jahr enthüllt man auf der Essen Motorshow dazu passend ein besonderes Fahrzeug im Polizei-Look. 2022 arbeitete man mit AC Schnitzer zusammen und wählte einen BMW i4 M aus.
Bilder: Matthias Kierse
