Gilco-Alfa Romeo 6C 2500 Supergioiello

Supergioiello – nein, da hat sich weder der Autor noch der Erbauer dieses Autos verschrieben. Das Wort „Gioiello“ entstammt der italienischen Sprache und bedeutet ins Deutsche übersetzt „Juwel“. Damit ist ein „Supergioiello“ also ein ganz besonderes Juwel, ein wahres Schmuckstück. Wer das Auto in diesem Artikel betrachtet, dürfte diesem Urteil durchaus zustimmen. Doch wie kam es zu dieser Modellbezeichnung? Und warum handelt es sich laut Überschrift nicht einfach um einen Alfa Romeo, sondern zusätzlich um einen Gilco? Für die Beantwortung dieser Fragen müssen wir einige Jahrzehnte zurückgehen.

Gilco-Alfa Romeo 6C 2500 Supergioiello – Quelle: Gooding & Co.
Gilco-Alfa Romeo 6C 2500 Supergioiello – Quelle: Gooding & Co.

Beginnen wir mal im Jahr 1944. Giacinto Ghia, der Begründer des Designstudios Ghia, starb ohne direkten Nachfolger. Seine Mitarbeiter Felice Mario Boano und Giorgio Alberti sprangen ein, um die Turiner Firma zu retten. Signore Boano arbeitete vor dem Zweiten Weltkrieg bereits für Stabilimenti Farina und Pinin Farina. Durch seine runden, sinnlich gestalteten Karosserien gelang es ihm, Ghia neu aufzustellen. Neben Fiat und Lancia waren auch Ferrari, Delahaye, Alfa Romeo oder Talbot-Lago unter den Großkunden. Hinzu kamen Einzelanfertigungen für solvente Privatkunden. Speziell die Fiat-Modelle 1100 und 1400 erhielten zahlreiche Sonderkarosserien von Ghia. Hierzu zählte auch ein schönes Coupé mit dem Namen 1100 Gioiello, dem kurz darauf der 1400 Supergioiello folgte. Es ist jedoch nicht mehr zweifelsfrei feststellbar, ob die Karosserieformen dieser Kleinserie von Felice Mario Boano oder seinem Mitarbeiter Giovanni Michelotti stammten.

Gilco-Alfa Romeo 6C 2500 Supergioiello – Quelle: Gooding & Co.
Gilco-Alfa Romeo 6C 2500 Supergioiello – Quelle: Gooding & Co.

Fakt ist hingegen, dass der Supergioiello so gut bei potenziellen Käufern ankam, dass die Form nicht auf Fiat-Fahrgestelle begrenzt blieb. 1950 legte Ghia eine Kleinserie von vier Supergioiello auf Basis von Alfa Romeo Chassis auf. Um exakt zu bleiben nutzte man als technische Basis den 6C 2500. Alle vier Fahrzeuge unterscheiden sich in diversen Details voneinander. Nummer eins entstand für Prinz Igor Troubetzkoy als Geschenk für seine Frau Barbara Hutton, die Erbin des Woolworth-Imperiums. Das zweite Auto debütierte auf der Turin Auto Show 1950 und zeigte einen typischen Alfa-Kühlergrill. Auf dem Concorso d’Eleganza del Lido di Venezia 1950 präsentierte Ghia das dritte Auto und Nummer vier entstand noch vor Jahresende für den Mailänder Ghia-Repräsentanten S.I.R.C.A. (Societa Italiana Rappresentanze Commercio Automobili). Genau dieses Auto ist auf den Bildern in diesem Artikel zu sehen. Es steht in Kürze während der Monterey Car Week beim Auktionshaus Gooding & Company zur Versteigerung bereit.

Gilco-Alfa Romeo 6C 2500 Supergioiello – Quelle: Gooding & Co.
Gilco-Alfa Romeo 6C 2500 Supergioiello – Quelle: Gooding & Co.

Während Motor, Getriebe, Achsen und Aufhängungen vom Alfa Romeo 6C 2500 stammten, nutzte Ghia erstaunlicherweise nicht dessen Fahrgestell. Stattdessen bestellte man bei Gilco eigenständige Chassis. Diese italienische Firma wurde 1947 als eigenständige Abteilung des Fahrradrahmenherstellers A.L. Colombo begründet. Fahrgestelle und sogar ganze Automobile entstanden jedoch nur bis 1955. Seither verlagerte Gilco seine Aktivitäten auf den Bootsbau sowie auf die Produktion von Rohren. Tatsächlich erhielten die Gilco-Chassis vom italienischen Verkehrsministerium sogar eigenständige Fahrgestellnummern. Im Falle dieses Ghia Supergioiello ist es die 0064251 mit dem Hinweis: „Rohrrahmenchassis für Motor Alfa Romeo 2500 S“. Offenbar diente dieser schöne Wagen sogar dazu, Chrysler zum Ghia-Kunden zu machen. Zumindest tauchte ein Bild in einer 1952er Ausgabe von Road & Track auf.

Gilco-Alfa Romeo 6C 2500 Supergioiello – Quelle: Gooding & Co.
Gilco-Alfa Romeo 6C 2500 Supergioiello – Quelle: Gooding & Co.

Der Gilco-Alfa Romeo 6C 2500 Supergioiello verbrachte einige Jahre in Italien und tauchte danach in Großbritannien wieder auf. Dort wurde er 1961 per Zeitungsannonce zum Verkauf angeboten. Bis 1995 folgten einige Besitzer auf der Insel, dann wechselte er in die Garage des österreichischen Autoexperten Egon Zweimüller. Dieser ließ eine rund 5.000-stündige Restauration durchführen. Anschließend debütierte das Coupé beim Concorso d’Eleganza an der Villa d’Este 1997, wo es 2001 erneut gezeigt wurde und einen Klassensieg errang. Drei Jahre darauf kaufte Craig Davis aus Pebble Beach, Kalifornien, den einzigartigen Italiener. Nach weiteren drei Jahren wechselte das Auto erneut auf die andere Seite des Atlantiks, diesmal in die Niederlande. Allerdings bereute Mr. Davis den Verkauf und konnte den neuen Besitzer einige Zeit später zum Rückverkauf überreden. 2016 trennte er sich erneut und das Auto erhielt in Kanada eine weitere Restaurierung. Als Belohnung gab es beim 2019er Concours d’Elegance in Pebble Beach einen Klassensieg und den Titel „Most Elegant Closed Car“. Im Rahmen der in Kürze anstehenden Auktion erwarten Experten einen Zuschlagspreis im Bereich zwischen 1,4 und 1,8 Millionen US$.