Lancia – Totgesagte leben länger

Lange, wirklich lange, sah es so aus, als ob die traditionsreiche Automarke Lancia endgültig untergehen würde. Der italienische Fiat-Konzern ließ sich von den innovativen alten Zeiten und dem legendären Ruf in keinster Weise beeindrucken und setzte das Unternehmen aus Turin am langen Arm zum Verhungern aus. Zuletzt hörten deutsche Kunden im April 2017 etwas von Lancia, als sich die Marke endgültig von allen Märkten außer im heimischen Italien zurückzog. Was wie der finale Dolchstoß ins Herz wirkte, war offenbar doch noch nicht das letzte Kapitel der Markengeschichte. 2019 schloss sich Fiat – nach dem Scheitern einer Fusion mit Renault – mit dem ebenfalls aus Frankreich stammenden PSA-Konzern zusammen. Bereits seit 2014 firmierte man unter „Fiat Chrysler Automobiles“, da man den einst drittgrößten US-Autokonzern aus der Insolvenz gerettet hatte. Zusammen mit PSA (Peugeot, Citroën, DS, Opel und Vauxhall) entstand der neue Konzern „Stellantis“. Dieser ist mit 14 aktiven Automarken der viertgrößte Autohersteller weltweit. Und ab 2024 soll eine der 14 Marken wieder mehr Strahlkraft erhalten: Lancia.

Lancia Logo von 1907 – Quelle: Lancia
Lancia Logo von 1911 – Quelle: Lancia
Lancia Logo von 1929 – Quelle: Lancia
Lancia Logo von 1957 – Quelle: Lancia

Die Markengeschichte reicht zurück bis zum 29. November 1906. An diesem Tag vor exakt 116 Jahren begründete Vincenzo Lancia zusammen mit Claudio Fogolin das Unternehmen. Anfänglich nutzte man einen verschnörkelten Namenszug als Logo. 1911 gestaltete der Industriedesigner Graf Carlo Biscaretti di Ruffia ein eigenständiges Emblem, das in seinen Grundzügen bis heute Verwendung findet. Vor dem Hintergrund eines vierspeichigen Lenkrads mit Handgashebel befindet sich links eine Lanze, an der eine Flagge mit der Aufschrift „Lancia“ befestigt ist. Der Familienname des Firmengründers bedeutet übersetzt „Lanze“. Ab 1929 umfasste ein abgerundetes, dreieckiges Schild mit blauem Hintergrund das Logo. 1957 wechselte Lancia auf eine minimalistische Darstellung, die vom Lenkrad nur noch einen runden Kranz übrigließ. Erst 1974 kehrte man optisch zur Vorkriegsversion zurück, ließ jedoch den Handgasgriff entfallen. 26 Jahre später erfolgte eine minimale optische Glättung nebst etwas dreidimensionalerem Look. Seit 2007 setzte Lancia auf eine sehr stark stilisierte Version, die mit dem ursprünglichen Emblem nicht mehr viel zu tun hatte. Für die nun beginnende neue Ära der Marke besinnt man sich einerseits auf Bewährtes zurück, schafft mit modernisierter Optik jedoch zeitgleich etwas Neues. Als Inspiration diente das Logo von 1957. Neu interpretierte man zudem auch den Namensschriftzug, der sich künftig auch alleinstehend an den Fahrzeugen finden wird.

Lancia Logo von 1974 – Quelle: Lancia
Lancia Logo von 2000 – Quelle: Lancia
Lancia Logo von 2007 – Quelle: Lancia
Lancia Logo von 2022 – Quelle: Lancia

Für die Zeit zwischen 2024 und 2028 stellte Stellantis gleich drei neue Lancia-Modelle in Aussicht. Zum einen soll der kompakte Ypsilon nach inzwischen elf Produktionsjahren endlich einen Nachfolger erhalten. Darüber rangiert ein neuer Delta sowie ein bislang noch namenloses Topmodell. Neben einer Umstellung auf rein elektrische Antriebstechnik soll die italienische Marke auch mit innovativem Design auf den europäischen Markt zurückkehren. Hierfür präsentierte man gestern im Rahmen des Lancia Design Day ein dreidimensionales Designmanifest namens „Pu+Ra Zero“ vor, um kommende Stylingdetails anzukündigen. Bei dieser Skulptur handelt es sich bewusst nicht um ein Konzeptfahrzeug, sondern um ein immobiles Gestaltungs-Statement. Der Name bezieht sich auf die Begriffe „Pur“ und „Radikal“, mit denen man die stolze Vergangenheit der Marke nachhaltig in die Zukunft transportieren möchte. So sollen Linien von Klassikern wie der Aurelia oder der Flaminia hohen Einfluss auf das Styling der neuen kommenden Modellreihen nehmen. Hinzu kommen Inspirationen aus der Welt von Möbeln, Mode und Architektur. Auch die erfolgreiche Motorsportgeschichte der Marke, besonders in der Rallye-Weltmeisterschaft, soll nicht außer Acht gelassen werden.

Lancia Pu+Ra Zero – Quelle: Lancia
Lancia Pu+Ra Zero – Quelle: Lancia
Lancia Pu+Ra Zero – Quelle: Lancia
Lancia Pu+Ra Zero – Quelle: Lancia

Das neue Pu+Ra Design vereint geometrische Formen wie Kreise, Drei- und Rechtecke. Diese überlagern, überschneiden und ergänzen sich in stetiger Folge, um schöne neue Karosserieformen zu erzeugen. Auch im Interieur soll dieses neue Konzept in Kombination mit hochwertigen, nachhaltigen Materialien, Innovationen und Liebe zum Detail exklusiven italienischen Stil mitbringen. Hierfür geht Lancia eine Kooperation mit dem Möbelhersteller Cassina ein. Bei der Skulptur Pu+Ra Zero zeigt Lancia vorn eine Neuinterpretation des seit langer Zeit verwendeten, kelchförmigen Kühlergrills, dessen Form durch drei Lichtstrahlen symbolisiert wird. Darüber sitzt der modernisierte Lancia-Schriftzug. Am Heck zitieren die runden, roten LED-Leuchten den legendären Stratos. Sie sind ebenso halb schwebend befestigt wie der Markenschriftzug. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob dieses Detail an späteren Serienfahrzeugen zu finden sein wird. Toll ist hingegen, dass die eigentlich tot geglaubte Marke eine zweite Chance erhält und dabei durch Innovationskraft und eigenständiges Design an alte Traditionen anknüpfen darf.

Lancia Pu+Ra Zero – Quelle: Lancia
Lancia Pu+Ra Zero – Quelle: Lancia
Lancia Pu+Ra Zero – Quelle: Lancia
Lancia Pu+Ra Zero – Quelle: Lancia