Manchmal passieren Dinge, die nicht zu erklären sind, die dann aber zu besseren Ergebnissen führen. Vor einiger Zeit, mitten in der Corona-Pandemie, veröffentlichte der Motorbuch Verlag ein neues, gut gefülltes Buch über den legendären Mercedes-Benz C 111. Jener Traumsportwagen der 1970er Jahre, der nicht wenige Autosammler dazu verleitet hatte, Blankoschecks nach Stuttgart zu schicken, hatte ein solches Prachtwerk definitiv verdient. Zudem konnte man bei der Anzahl der bedruckten Seiten und den genannten Namen von an der Entwicklung beteiligten Ingenieuren durchaus von einem gut recherchierten Ergebnis ausgehen. Und dann das. Kaum lag das Buch im Fachhandel, meldete sich das Archiv von Mercedes-Benz Heritage zu Wort und gab zu Protokoll, man habe durchaus noch weiterführendes Material zum Thema vorliegen und das Buch sei somit keineswegs komplett.
Dem Autoren-Trio Gerhard Heidbrink, Joachim Hack und Wolfgang Kalbhenn hätte man verziehen, wenn sie an dieser Stelle laute Flüche ausgestoßen und das Projekt beerdigt hätten. Haben sie aber nicht. Sie nahmen sich der neuen Informationen an und integrierten zudem das neu vorgestellte Konzeptfahrzeug Vision One-Eleven ebenfalls in eine Neuauflage des Buches, die hier nun unser Thema ist. Insgesamt wuchs es um rund 90 auf nun 520 Seiten. Mehr als 1.100 Abbildungen, die zu einem großen Teil noch nie zuvor gezeigt wurden, bilden eine gute Grundlage, um sich den gesamten Entwicklungsablauf dieses Mittelmotorsportwagens vorstellen zu können. Ursprünglich sollte der Wagen die Möglichkeiten des Kreiskolbenmotors nach dem Prinzip von Felix Wankel austesten. In späteren Jahren erhielten einige Prototypen dann konventionelle V8-Benzin- oder Fünfzylinder-Diesel-Triebwerke. Technische Daten sind hier natürlich ebenso selbstverständlich, wie die eine oder andere Erläuterung zu Besonderheiten.
Aus dem rollenden Labor mit „Haben-wollen-Effekt“ reifte ein veritabler Mittelmotorsportwagen, der das Image der Marke Mercedes-Benz mächtig geprägt hätte, wenn er in Serie gegangen wäre. So bildete er seinen ganz eigenen Mythos, da die Schwaben jeder noch so großen finanziellen Verlockung widerstehen konnten und den C 111 lediglich als Eye-Catcher auf Messen und Veranstaltungen zeigten. Die späteren Ausbaustufen C 111-II, C 111-III und C 111-IV wurden durch Geschwindigkeitsrekordfahrten bekannt. Version V gelangte nie über den Status eines Tonmodells hinaus. Mit rund 800 PS hätte sie die 450-km/h-Marke anpeilen sollen. Doch auch ohne diesen Extremwert erreicht zu haben, hat der C 111 einen bleibenden Platz in der Sportwagengeschichte eingenommen. Und diese Zweitauflage des ihm gewidmeten Buches mit deutlicher Erweiterung verdient einen guten Platz in jeder gut sortierten heimischen Autobibliothek. Unter der ISBN 978-3-613-04482-1 ist es zum Preis von 89 € erhältlich.
Bilder: Matthias Kierse