Pegaso Z-102B Saoutchik Coupé

Schöne Sportwagen stammen aus Italien. Eventuell noch aus Deutschland, Großbritannien oder Schweden, in ganz arg seltenen Fällen aus den USA. Aber aus Spanien? Bei diesem Land zwischen Mittelmeer und Atlantik können sich vermutlich viele Leser allenfalls daran erinnern, dass neben der heimischen Marke Seat auch Volkswagen und Opel dort Autos bauen. Aber Sportwagen? Ja, auch die gab es mal aus spanischer Fertigung. Vor dem Zweiten Weltkrieg beispielsweise von Hispano-Suiza, deren Ruf und Qualität es mit Rolls-Royce, Cadillac und Mercedes-Benz mehr als aufnehmen konnte. Nach dem Krieg wurde diese Firma aus Barcelona vom Franco-Regime verstaatlicht und auf ENASA (Empresa Nacional de Autocamiones S.A.) umbenannt. Anfänglich rollten Nutzfahrzeuge und Lastwagen unter dem Markennamen Pegaso vom Band. Diese Fertigungslinie existierte bis 1990, als der italienische Nutzfahrzeughersteller Iveco die Marke Pegaso kaufte.

Pegaso Z-102B Saoutchik Coupé – Quelle: Hagerty

Während der oben geschilderte Teil der Geschichte unter Nutzfahrzeugfreunden vermutlich relativ bekannt ist, blieb ein Geschäftszweig von Pegaso quasi unter dem Radar. Als Prestigeprojekt beauftragte General Francisco Franco ENASA mit der Entwicklung eines Sportwagens, der es mit der Weltelite aufnehmen konnte. Neben der internationalen Anerkennung sollten die Mitarbeiter, von denen einige noch aus den Zeiten von Hispano-Suiza stammten, einen Ansporn erhalten. Aus Italien war der ehemalige Alfa-Romeo-Konstrukteur Wilfredo Ricart zu Pegaso gewechselt. Unter seiner Leitung entstand ein Stahlblech-Chassis, das wie bei Rennfahrzeugen an diversen Stellen Erleichterungsbohrungen aufwies. Die Radkästen dienten als tragende Teile. Während die Vorderräder an Einzelradaufhängungen mit Drehstabfederung hingen, gab es hinten eine starre De-Dion-Achse. Beidseitig vom an der Hinterachse verbauten Getriebe wurden Benzintanks untergebracht. Einige Konstruktionsmerkmale übernahm Ricart vom Alfa Romeo Tipo 512. Diesen Monoposto-Rennwagen hatte er 1940 als Nachfolger des Tipo 158 Alfetta entwickelt. Zu einem Einsatz in Grand-Prix-Rennen kam es durch den Zweiten Weltkrieg jedoch nicht mehr.

Pegaso Z-102B Saoutchik Coupé – Quelle: Hagerty
Pegaso Z-102B Saoutchik Coupé – Quelle: Hagerty

Für die ersten zwei Prototypen des Z-102 entstanden 1951 eine Coupé- und eine Cabriolet-Karosserie. Allerdings erwies sich das Design als zu plump. Zudem bestanden die Aufbauten aus Stahl und waren sehr schwer. Technische Konstruktionen waren durchaus Picarts Ding, Karosseriebau und -gestaltung eher nicht. Glücklicherweise sahen das sowohl Wilfredo Ricart als auch die restliche Geschäftsleitung ein und beauftragten für die Serienfertigung externe Karosseriebauer wie Touring (Italien), Serra (Spanien) oder Saoutchik (Frankreich). Nur wenige Spezialaufbauten entstanden bei ENASA. Hierzu zählt beispielsweise der Cupula, der heute im Louwman Museum in Den Haag steht. Anfänglich sorgte ein eigens entwickelter V8-Motor mit 2,5 Litern Hubraum und 132 kW/175 PS für den Vortrieb. Vier obenliegende Nockenwellen und vier desmodromisch gesteuerte Ventile pro Zylinder gehörten ebenso zum Serienumfang wie ein manuelles Fünfgang-Getriebe. Diesen entwickelte Pegaso fortwährend weiter und erhöhte dabei den Hubraum erst auf 2,8 und zuletzt auf 3,2 Liter. Zudem gab es auf Wunsch eine Kompressoraufladung. Dadurch stieg die Leistung auf bis zu 271 kW/360 PS. Als Höchstgeschwindigkeit gab Pegaso bis zu 250 km/h an, womit man zeitweise das weltweit schnellste Serienauto anbot.

Pegaso Z-102B Saoutchik Coupé – Quelle: Hagerty
Pegaso Z-102B Saoutchik Coupé – Quelle: Hagerty

Autos wie der Pegaso Z-102, die nach dem Motto „Geld spielt keine Rolle“ entwickelt werden, haben häufig einige Probleme. So sorgte er für eine chronische Unterfinanzierung der Marke, da soviel Geld wie möglich in die Weiterentwicklung gesteckt wurde. Zeitgleich gab es keinen guten Testfahrer, der das schwierige Fahrverhalten in den Griff bekommen und verbessert hätte. Zeitgleich angebotene Sportwagen von anderen Herstellern wie Mercedes-Benz, Maserati oder Ferrari boten den Besitzern deutlich bessere Agilität. An der angespannten Lage von Pegaso änderte auch die Entwicklung und Markteinführung des vereinfacht ausgeführten Z-103 nichts mehr. Er brachte es nicht auf ernstzunehmende Produktionszahlen. Auch der Z-102 blieb bei unter 100 Exemplaren. 1958 stellte Pegaso die Fertigung ein und konzentrierte sich wieder allein auf Lastwagen und Nutzfahrzeuge.

Pegaso Z-102B Saoutchik Coupé – Quelle: Hagerty
Pegaso Z-102B Saoutchik Coupé – Quelle: Hagerty

Ein Z-102B aus dem Jahr 1954 erhielt für den Pariser Autosalon eine Coupé-Karosserie von Saoutchik. Insgesamt baute der Karosseriebaubetrieb aus Paris nur für 18 Exemplare Aufbauten. Noch auf der Automesse kaufte Jean-Claude Lamy den Sportwagen und schrieb sich kurz darauf für die Teilnahme an der Rallye PanArmoricaine und der Rallye Sablé-Solesmes ein. Einige Jahre später wechselte der Pegaso über den Atlantik in die USA, wo ihn Bill Harrah seiner Sammlung von rund 1.450 Autos in Reno, Nevada hinzufügte. Nach seinem Tod im Jahr 1978 kaufte Ralph Engelstad das Coupé für die Imperial Palace Auto Collection in Las Vegas. 2019 kehrte der Pegaso nach Paris zurück und wurde auf der Retromobile ausgestellt. In Kürze können Autofans ihn zudem im Rahmen des Goodwood Revival auf dem Stand von Hagerty in Augenschein nehmen.